Das Weihnachtslied O Christkindelein, komm doch zu uns herein dichte Fr. Schmidt. Gesungen wird es auf eine Melodie des Komponisten und Pianisten Gottfried Wilhelm Taubert (1811-1891).
Wie das Weihnachtslied Christkindlein besingt auch dieses Lied das Christkind nicht als das zu Bethlehem im Stall geborene Christuskind, sondern als die Gabenbringerin, die zu Heilig Abend den Kindern in aller Welt Geschenke bringt. Der religiöse Bezug zur Weihnachtsgeschichte ist hier komplett abhandengekommen. Lediglich ein »Weihnachtssack«, der als Rucksack zum Transport der Geschenke herhalten muss, findet noch Erwähnung. Somit bleiben die mit dem Wort »Christkind« verbundenen Gedanken die einzige Verbindung zum weihnachtlichen Anlass.
Damit schwimmt das Lied auf der Konsumwelle, die seit der Zeit des Biedermeier immer heftiger die Kommerzialisierung des Weihnachtsfests vorantrieb und aus dem religiösen Anlass einen regelrechten Kaufrausch formte, dem heute zu Weihnachten kaum noch jemand entkommen kann.
Auch wenn in der ersten Strophe die Kinder noch brav mitteilen: »Das Tischchen ist gedecket, das Stübchen ist gekehrt,« und versprechen: »wir harren an der Türe still«. Jedoch nur, wie es der letzte Vers der ersten Strophe verrät »bis du uns hast beschert«.
Und auch in der zweiten Strophe geht es unbeirrt weiter. »vergiss nicht unser Haus« wird das Christkind vorsorglich erinnert. Und mit »schütte deinen Weihnachtssack auf unser Tischchen aus! « kommt das Lied dann zur Sache: es geht um die Geschenke. Dafür haben die Kinder die Stube gekehrt und das Tischlein gedeckt. Sie wollen dem Christkind zeigen, dass sie gute Kinder sind, denn zum Ende der zweiten Strophe heißt es unverblümt: »Und deine großen Taschen, die öffne nur geschwind und bau viel schöne Sachen auf für jedes gute Kind! «
Den Kindern ist schon bewusst, dass es Geschenke nur für artige Kinder gibt. Deshalb haben sie ja auch aufgeräumt und gefegt zu Weihnachten für das Christkind, um ihm zu zeigen, dass sie gute Kinder sind. Doch, was ist eigentlich mit dem Rest des Jahres…?! Diese Gedanken fallen unter den Tisch. Stattdessen listen die Kinder ihre Wünsche auf, vom Zuckerwerk bis zum Weihnachtsbaum, und versprechen, auch schön artig zu sein. Hauptsache, das Christkind kommt nur schnell herein.
So banal diese Zeilen auch klingen mögen, Schmidt hatte dem Volk auf's Maul geschaut. Konsum war schon damals angesagt, zumindest für diejenigen, die es sich leisten konnten. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Es geht primär nur noch um's Schenken. Und so banal es klingen mag, damit feiern wir genau das, worum es tatsächlich geht. Denn zu Weihnachten hat Gott uns seinen Sohn geschenkt!
Tom Borg, 3. Oktober 2023