Morgen kommt der Weihnachtsmann

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Musiknoten zum Lied - Morgen kommt der Weihnachtsmann

Morgen kommt der Weihnachtsmann,
kommt mit seinen Gaben:
Trommel, Pfeifen und Gewehr,
Fahn' und Säbel und noch mehr,
ja ein ganzes Kriegesheer
möcht' ich gerne haben!

Bring uns, lieber Weihnachtsmann,
bring auch morgen, bringe:
Musketier und Grenadier,
Zottelbär und Panthertier,
Roß und Esel, Schaf und Stier,
lauter schöne Dinge!

Doch du weißt ja unsern Wunsch,
Kennest unsere Herzen.
Kinder, Vater und Mama,
Auch sogar der Großpapa,
Alle, alle sind wir da,
Warten dein mit Schmerzen.

Morgen kommt der Weihnachtsmann dichtete Hoffmann von Fallersleben (1798–1874) im Jahr 1835 unter dem Titel »Der Weihnachtsmann«. Zwei jahre später, erschien das Werk erstmals gedruckt in Adelbert von Chamissos »Deutschem Musenalmanach für das Jahr 1837«.

Im gleichen Jahr komponierte 1837 Hoffmanns langjähiger musikalischer Begleiter Ernst Heinrich Leopold Richter eine Melodie, die er in seiner »Unterrichtlich geordnete Sammlung von ein-, zwei-, drei- und vierstimmigen Sätzen, Liedern, Canons und Chorälen« ( Erste Abteilung. Cranz, Breslau 1837, S. 15) veröffentlichte. Auch in Hoffmanns Sammlung »Fünfzig Kinderliedern«, die 1843 erschien, wurde das Lied mit Richters Melodie und Arrangement präsentiert.

Doch Richters Melodie konnte sich nicht durchsetzen. Die heute übliche Melodie entstammt dem frivolen französischen Salonlied »Ah! vous dirai-je, Maman« das damals wohl recht bekannt war. Auch Wolfgang Amadeus Mozart kannte sie und verwendete die Melodie 1778 als Grundlage seiner berühmten Klaviervariationen (Köchelverzeichnis 265). Jane Taylor griff für ihr Wiegenlied Twinkle, Twinkle, Little Star ebenfalls auf die Melodie zurück, nach der heute auch das Alphabet-Lied gesungen wird.

Morgen kommt der Weihnachtsmann ist ein sehr lebendiger Beweis dafür, dass es im deutschen Weihnachtslied nicht nur feierlich korrekt zugeht. Was immer sich der ansonsten demokratisch orientierte Heimatdichter Hoffmann von Fallersleben beim Schreiben des Textes gedacht haben mag, mit Weihnachten und der christlichen Botschaft hat es wenig zu tun.

Hoffmann, der sich zeitlebens ein kindliches Gemüt bewahrte, versetzte sich in die Gedanken und Wünsche eines Kindes. denn »Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben«. Und da träumt das Kind, offenbar ein Junge, was der Weihnachtsmann denn wohl bringen könnte. In der damaligen Zeit, wünschte sich ein Junge offenbar allerlei Kriegsgerät. neben »Trommel, Pfeifen und Gewehr« auch »Fahn' und Säbel und noch mehr« stehen auf dem Wunschzettel. Doch auch das ist noch nicht genug. Die erste Strophe gipfelt in dem Wunsch: »Ja, ein ganzes Kriegesheer möcht' ich gerne haben!«

Spiegel des Bürgertums

Ist das der Wunsch eines Kindes anno 1835? Und welches Licht wirft es auf jene Zeit? Offenbar gehören die militärischen Wünsche zum Gedankengut des Jungen, denn in der zweiten Strophe bittet er den Weihnachtsmann um »Musketier und Grenadier« - und gleich im Anschluss um »Zottelbär und Panthertier«. Ja, der Junge hätte am liebsten einen ganzen Zoo, denn »Roß und Esel, Schaaf und Stier« hätte er auch gerne. Das sind für ihn alles »lauter schöne Dinge«.

Wie kann das sein? Musketier und Zottelbär hintereinander auf einer Wunschliste? Wenn die Wünsche des Kindes eine tiefere Bedeutung haben sollten, wovon man bei Hoffmann von Fallersleben eigentlich ausgehen sollte, dann werfen sie ein recht seltsames Licht auf das bürgerliche Leben anno 1835.

Hoffmann, der Dichter der »Unpolitischen Lieder« war viele Jahre auf Wanderschaft durch Deutschland und angrenzende Länder, weil seine Ansichten der Obrigkeit missfielen. Hat sich der Dichter hier einen politischen Scherz erlaubt, legt er den Finger in die demokratisch-politische Wunde? Es scheint so, denn sein Lied wurde damals nicht als »politisch schräg« aufgefasst. Es schien in die Denkweise der Menschen zu passen. Die Wunschliste war offensichtlich allen recht. Auch das fiktive Kind sagt Richtung Weihanchtsmann »du weißt ja unseren Wunsch, kennst unsere Herzen«. Und das schließt generationsübergreifend »Kinder, Vater und Mama« und auch den Großpapa mit ein. Sie alle warten auf die Gaben des Weihnachtsmanns.

Der Erfolg des Lieds lässt gar keinen anderen Schluss zu, als dass Hoffmann von Fallersleben dem damaligen bürgerlichen Milieu einen Spiegel vorgehalten hat, in dem die Menschen sich gerne wiedererkannt haben. So wurde Morgen kommt der Weihnachtsmann recht schnell zu einem der beliebtesten Weihnachtslieder. Es wurde in viele populäre Liederbücher aufgenommen. Dazu gehörten das von Ludwig Erk und Wilhelm Graef herausgegebene Liederheft »Singvögelein« (59. Auflage) ebenso wie die von Friedrich Magnus Böhme 1895 herausgegebenen »Volkstümlichen Lieder der Deutschen«.

Politisch korrekte Textfassung

Die Beliebtheit des Liedes hielt bis in das frühe 20. Jahrhundert an. 1900 erschien das Lied im Liedergarten und 1912 im Schulbuch »Lieder für Kinder, 1.-3. Schuljahr«. Der militärische Charakter des Weihnachtslieds war auch in der Zeit der Weimarer Republik willkommen. Unter anderem erschien Morgen kommt der Weihnachtsmann in »Singende Jugend« (12. Auflage 1920) und »Liederborn I für die Grundschule« (12. Auflage 1930). In der NS-Zeit wurde das Lied 1934 ins »Liederbuch für die NS-Frauenschaften«.

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg ließ die Beliebtheit des Liedes nach. Nach all dem Leid, mochten die Menschen nicht mehr von Gewehren und Kriegesheeren singen. Erst Mitte der 1950er Jahre erschien Morgen kommt der Weihnachtsmann vereinzelt in Liederbüchern. Und, dem Text zum Trotz, das Lied als solches blieb beliebt. 1984 schaffte es das Lied unter »Die schönsten deutschen Weihnachtslieder« der Zeitschrift »Bild und Funk« und 1992 auch in »Die schönsten Kinderlieder« (Moewig Verlag, 1992).

Mit dazu beigetragen hat vermutlich auch die weichgespülte Textvariante von Hilger Schallehn (1936-2000), der alle Kriegsvokabeln aus den ersten beiden Strophen entfernte, so dass diese nun politisch korrekt und Kind gerecht lauteten:

Morgen kommt der Weihnachtsmann,
kommt mit seinen Gaben.
Bunte Lichter, Silberzier,
Kind und Krippe, Schaf und Stier,
Zottelbär und Pantertier
möcht’ ich gerne haben!

Bring uns, lieber Weihnachtsmann,
bring auch morgen, bringe
eine schöne Eisenbahn,
Bauernhof mit Huhn und Hahn,
einen Pfefferkuchenmann,
lauter schöne Dinge.

Inzwischen ist das Lied wieder voll akzeptiert und wird von vielen namhaften Künstlern interpretiert, meist in der harmlosen Version von Hilger Schallehn. Das Deutsche Musikarchiv weist über 250 Tonträger nach. Darunter Alben von Heintje bis Heino und Stimmungssänger wie Tony Marschall und Wolfgang Petri, der Morgen kommt der Weihnachtsmann in seinem typischen rockigen Gitarrensound verpackte.

Wie beliebt dieses Weihnachtslied auch heute noch ist, zeigen nicht zuletzt die unzähligen Videos auf Youtube bei denen auch die Parodien aller Art nicht zu kurz kommen.

Tom Borg, 15. Dezember 2016

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