Kommt ein Vogel geflogen

Kommt ein Vogel geflogen ist ein Volks- und Liebeslied aus Österreich, das heute als Kinderlied populär ist.

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Musiknoten zum Lied - Kommt ein Vogel geflogen

Kommt ein Vogel geflogen,
setzt sich nieder auf mein'n Fuß,
hat ein Briefchen im Schnabel,
von der Liebsten einen Gruß.

Lieber Vogel, flieg' weiter,
bring' ein'n Gruß mit, einen Kuss;
denn ich kann dich nicht begleiten,
weil ich hier bleiben muss.

Das heute als Kinderlied bekannte Kommt ein Vogel geflogen begann seine Karriere als niederösterreichisches Mundartlied. Eine erste Version in Tiroler Dialekt veröffentlichte im Jahr1807, wenn auch mit anderer Melodie, der österreichische Jurist Johann Stolz (1780 - 1837), der sich auch als Schriftsteller, Volksliedforscher und Mundartforscher betätigte. Wirklich bekannt machte das Lied jedoch Karl von Holtei (1798 - 1880) mit seiner Liederposse Die Wiener in Berlin.

Dass Kommt ein Vogel geflogen heute oft dem österreichische Schriftsteller Adolf Bäuerle (1786 - 1859) und dem ebenfalls aus Österreich stammenden Komponisten Wenzel Müller (1767 - 1835) zugeschrieben wird, mag daran liegen, dass Holtei für "Die Wiener in Berlin" auch zwei Stücke aus der damals in Wien populären Zauberposse Aline mit übernahm, deren Urheber Bäuerle und Wenzel Müller waren. Somit ist Kommt ein Vogel geflogen tatsächlich ein ›echtes‹ Volkslied mit österreichischen Wurzeln.

Im Originaltext aus dem 19. Jahrhundert hatte das Lied sechs Strophen und richtete sich an ein »Diandl« und »Schatzerl«. Dies änderte sich später zur hochdeutschen »Liebsten«. Was davon Originalstrophen aus Österreich waren und was Holtei überarbeitete oder hinzufügte, ist nicht sicher bekannt. Vermutlich stammen große Teile der fünften Strophe von ihm. Im Laufe der Zeit wurden aber auch die anderen Strophen des Liedes leicht angepasst.

Im 20. Jahrhundert ging die ursprüngliche Aussage mehr und mehr verloren bis irgendwann der ganze Text auf die heute bekannten zwei Strophen verkürzt wurde. Verbunden damit war auch eine Umwidmung des Liedes von der Liebsten zur Mutter. In der heute bekannten Kinderliedversion bringt das Vöglein nicht »von der Liebsten einen Gruß«, sondern von der »von der Mutter einen Gruß«. Singen kann man beide Versionen, egal, ob Mutter oder Liebste, die Botschaft ist die gleiche: Irgendwo in der Ferne gibt es eine geliebte Person, die einen Gruß sendet, Sehnsucht und Liebe signalisiert. Beides wird erwidert, aber der Empfänger der Botschaft kann den Vogel nicht begleiten und kann den Vogel nur bitten: »Lieber Vogel, flieg' weiter, bring' einen Gruß mit, einen Kuss«.

Tom Borg, 9. Juni 2023

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