Im schönsten Wiesengrunde

Wilhelm Ganzhorn schrieb das Gedicht »Das stille Tal« 1851. 1876 erschien es erstmals in der »Schwäbischen Lieder-Chronik« und besitzt im Original 13 Strophen, die zusammen ein schönes Gesamtbild ergeben. Üblicherweise werden jedoch nur die Strophen 1, 12 und 13 gesungen.

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Musiknoten zum Lied - Im schönsten Wiesengrunde

Im schönsten Wiesengrunde
ist meiner Heimat Haus;
da zog ich manche Stunde
ins Tal hinaus.
Dich, mein stilles Tal,
grüß' ich tausendmal!
Da zog ich manche Stunde
ins Tal hinaus.

Wie Teppich reich gewoben,
Steht mir die Flur zur Schau;
O Wunderbild, und oben
Des Himmels Blau.
Dich mein stilles Tal
Grüß ich tausendmal!
O Wunderbild, und oben
Des Himmels Blau.

Herab von sonn'ger Halde
Ein frischer Odem zieht;
Es klingt aus nahem Walde
Der Vögel Lied.
Dich mein stilles Tal
Grüß ich tausendmal!
Es klingt aus nahem Walde
Der Vögel Lied.

Die Blume winkt dem Schäfer
Mit Farbenpracht und Duft;
Den Falter und den Käfer
Zu Tisch sie ruft.
Dich mein stilles Tal
Grüß ich tausendmal!
Den Falter und den Käfer
Zu Tisch sie ruft.

Das Bächlein will beleben
Den heimlich trauten Ort;
Da kommt's durch Wiesen eben
Und murmelt fort.
Dich mein stilles Tal
Grüß ich tausendmal!
Da kommt's durch Wiesen eben
Und murmelt fort.

Das blanke Fischlein munter
Schwimmt auf und ab im Tanz;
Rings strahlen tausend Wunder
Im Sonnenglanz.
Dich mein stilles Tal
Grüß ich tausendmal!
Rings strahlen tausend Wunder
Im Sonnenglanz.

Wie schön der Knospen Springen,
Des Tau's Kristall im Licht!
Wollt ich es alles singen -
Ich könnt es nicht!
Dich mein stilles Tal
Grüß ich tausendmal!
Wollt ich es alles singen -
Ich könnt es nicht!

Kommt, kommt der Tisch der Gnaden
Winkt reichlich überall;
Kommt, all' seid ihr geladen
Ins stille Tal!
Dich mein stilles Tal
Grüß ich tausendmal!
Kommt, all' seid ihr geladen
Ins stille Tal!

Wie froh sind da die Gäste!
Da ist nicht Leid noch Klag';
Da wird zum Friedensfeste
Ein jeder Tag!
Dich mein stilles Tal
Grüß ich tausendmal!
Da wird zum Friedensfeste
Ein jeder Tag!

Wie sieht das Aug so helle
Im Buche der Natur!
Der reinsten Freuden Quelle
Springt aus der Flur.
Dich mein stilles Tal
Grüß ich tausendmal!
Der reinsten Freuden Quelle
Springt aus der Flur.

Hier mag das Herz sich laben
Am ew'gen Festaltar;
Kommt, bringet Opfergaben
Mit Jubel dar!
Dich mein stilles Tal
Grüß ich tausendmal!
Kommt, bringet Opfergaben
Mit Jubel dar!

Müsst aus dem Tal ich scheiden,
Wo alles Lust und Klang,
Das wär mein herbstes Leiden,
Mein letzter Gang.
Dich, mein stilles Tal,
Grüß ich tausendmal!
Das wär mein herbstes Leiden,
Mein letzter Gang.

Sterb ich, in Tales Grunde
Will ich begraben sein,
Singt mir zur letzten Stunde
Beim Abendschein:
"Dir, o stilles Tal,
Gruß zum letztenmal!"
Singt mir zur letzten Stunde
Beim Abendschein.

Das Lied Im schönsten Wiesengrunde dichtete der Jurist Wilhelm Ganzhorn (1818-1880) im Sommer 1851 in einem romantischen Wiesental zwischen Conweiler und Feldrennach im Schwarzwald (s. Theo & Sunhilt Mang, Liederquell, Dörfler Verlag, 2015, ISBN 978-3-89555-679-1, S. 412) auf die Melodie des Volkslieds Drei Lilien, bearbeitet von Friedrich Silcher.

Erstmals veröffentlicht wurde das Gedicht 1854 mit drei Strophen und erst 1876 mit allen Strophen, nun unter dem Titel Im schönsten Wiesengrunde, dem ersten Vers der ersten Strophe. Obwohl hier alle dreizehn Strophen angegeben sind, werden heute meist nur die Strophen 1, 12 und 13 gesungen. Dies passt insofern zusammen, als die erste Strophe uns darüber informiert, welche Bindung das lyrische Ich zu dem besungenen Tal hat: »Im schönsten Wiesengrunde ist meiner Heimat Haus«. Das lyrische Ich besingt also das Tal im dem sein Elternhaus steht. Und dort möchte es einst auch begraben werden, wie es aus den Strophen zwölf und dreizehn hervorgeht.

Die übrigen zehn Strophen des Textes besingen in stimmungsvollen Bildern die Naturpracht der Heimat, »(s)eines stillen Tals«. Dies erklärt auch die melancholische Stimmung der beiden letzten Strophen. Sie sind Ausdruck der bedrückenden Vorstellung, diesen Ort einst verlassen zu müssen. Und so erwächst der Wunsch, einst »in Tales Grunde« begraben zu werden, um für immer mit dem Tal verbunden zu bleiben.

Diese liebevolle, leicht melancholische Stimmung, die uns beim Zurückdenken an die Heimat der Kindheit oft erfasst, wird hier von einer gefühlvollen Melodie getragen, die uns unbewusst berührt und an eigene Erlebnisse denken lässt. Vielleicht ist dies mit ein Grund, weshalb Im schönsten Wiesengrunde bis heute zu den beliebtesten Volksliedern Deutschlands gehört. Diese Beliebtheit des Lieds spiegelt auch die Vielzahl an Einspielungen wider. Neben den Volksmusikstars Freddy Quinn (1965), Heino (1977), Ronny(1969) und Eva Lind (2000) sangen es auch Kinderstar Andrea Jürgens (1981) und der Tenor Rudolf Schock (1969), sowie der Montanara Chor (1984), um nur einige renommierte Interpreten zu nennen.

Tom Borg, 19. Juni 2023

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