Fuchs, du hast die Gans gestohlen

Das Kinderlied Fuchs, du hast die Gans gestohlen dichtete Ernst Anschütz 1824 auf die ältere Volksweise »Wer eine Gans gestohlen hat«.

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Musiknoten zum Lied - Fuchs, du hast die Gans gestohlen

Fuchs, du hast die Gans gestohlen,
gib sie wieder her,
sonst wird dich der Jäger holen
mit dem Schießgewehr,
sonst wird dich er Jäger holen
mit dem Schießgewehr.

Seine große, lange Flinte
schießt auf dich den Schrot,
dass dich färbt die rote Tinte,
und dann bist du tot.

Liebes Füchslein, lass dir raten,
sei doch nur kein Dieb,
nimm, du brauchst nicht Gänsebraten,
mit der Maus vorlieb.

Die ›tierische Geschichte‹ Fuchs, du hast die Gans gestohlen gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Kinderliedern des deutschen Sprachraums. Und nicht nur da gehört das Lied zum Standardrepertoire. Im Laufe der Jahre wurde es in viele Sprachen übersetzt und populär. Im Jahr 1947 schuf Yoshiu Katsu sogar eine japanische Version, der Geschichte vom frechen Fuchs, der in Japan »Kogitsune«, wörtlich übersetzt »Füchslein«, heißt. Gesungen wird es auf die gleiche Melodie, aber mit abgewandeltem Inhalt, denn in Japan kennt man gar keinen »Jäger«. Und der Fuchs ist in Japan auch kein »Dieb«, sondern ein liebenswertes Wesen, das sich hübsch macht und im Winter von der Kälte bedroht ist. Noch heute ist das Lied in japanischen Musikbüchern für die Grundschule enthalten.

Zu verdanken haben wir diesen Kinderliedklassiker dem Lehrer, Lyriker und Komponisten Ernst Anschütz (1780-1861), der auch das Weihnachtslied O Tannenbaum schrieb. Im Jahr 1824 veröffentlichte er das Gedicht vom diebischen Fuchs unter dem Titel Warnung, was dem Sinn des Textes besser beschreibt, denn eigentlich wird im Lied nur vermutet, dass der Fuchs die Gans gestohlen hat. Gesehen hat es keiner, aber alle wissen es, denn wer sollte es sonst gewesen sein?

Hans-Peter Ecker schrieb eine humorvolle Abhandlung über dieses ›tierische Vorurteil‹ unter dem Titel Einmal Dieb, immer Dieb. Wollte der Lehrer Anschütz genau dieses seinen Schülern aufzeigen und den Kindern nahebringen, erst etwas genauer zu schauen, bevor sie jemanden verurteilen? Vielleicht, vielleicht war es auch nur ein schnell dahingeschriebenes Gedicht. Auf jeden Fall schuf Ernst Anschütz einen Kinderliedklassiker, den bis heute jedes Kind schon im Kindergarten kennenlernt. Die Melodie ist einfach zu singen und der Text leicht zu merken. Und Kinder lieben Geschichten, in denen das Gute gewinnt und die Schwachen beschützt werden. Wobei, tja, nicht alle Schwachen schützenswert sind. Denn das Lied endet in der dritten Strophe mit dem ›Kuhhandel‹: »nimm, du brauchst nicht Gänsebraten, mit der Maus vorlieb«. Manche Tiere sind gleicher…

Tom Borg, 24. Juni 2023

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