Gelobet seist du, Jesus Christ gehört zu den vorreformatorischen Weihnachtsliedern. Es wurde bereits in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts mit ähnlicher Melodie und der ersten Strophe gesungen (Medingen bei Lüneburg 1460). Eine Handschrift aus dem Bistumsarchiv Trier aus der Zeit um 1380 deutet auf frühere Textfassungen der ersten Strophe hin.
Aus dem Jahr 1519 ist überliefert, es sei ein alter Brauch gewesen, das deutsche Weihnachtslied am ersten Weihnachtsfesttag nach der lateinischen Sequenz Grates nunc omnes zu singen.
In Johann Walthers Gesangbuch von 1524 erschien das Lied dann mit sechs weiteren Strophen, die von Martin Luther hinzugefügt wurden. Entstanden sind diese wohl in der Adventszeit des Jahres 1523. Ingeborg Weber-Kellermann (Das Buch der Weihnachtslieder, Schott, ISBN 3-7957-8213-9, 8. Auflage, 1994, S. 14) kommentiert Luthers Textzusatz als »stellenweise gequält wirkenden Text«.
Luthers Text wurde jedoch auch mehrfach abgeändert. So gab es im Zeitalter der Aufklärung verschiedene Versuche, den Luthertext theologisch und sprachlich zu revidieren, beispielsweise von Friedrich Gottlieb Klopstock (1724–1803) in seinen Geistlichen Liedern". Mit der Lutherrenaissance im 19. Jahrhundert wurde aber die ursprüngliche Fassung des Liedes wiederhergestellt.
Aber auch die katholische Kirche übernahm das Lied bereits im 16. Jahrhundert. 1938 wurde es in der Sammlung Kirchenlied ohne Autorenangabe gedruckt. Erst im Gotteslob, dem katholischen Einheitsgesangbuch aus dem Jahr 1975, wurde Martin Luther als Autor genannt.
Heute ist das Lied Gelobet seist du, Jesus Christüber alle Konfessionsgrenzen als Weihnachtslied etabliert. Gesungen wird es bevorzugt am ersten Weihnachtstag, denn es geht ja um die Geburt Jesu: »Gelobet seist du, Jesus Christ, dass du Mensch geworden bist«. Luthers Text beschreibt die Menschwerdung Gottes durch die Geburt Jesu Christi und erläutert deren Wirkung für uns Christen in der zweiten Hälfte des Liedes. Dies ist wohl auch der Grund, warum der Wirkungskreis des Lieds auf den kirchlichen Bereich beschränkt blieb. Bei häuslichen Weihnachtsfeiern wird das Lied eher selten gesungen.
Tom Borg, 7. Oktober 2023