Süßer die Glocken nie klingen

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Musiknoten zum Lied - Süßer die Glocken nie klingen

Süßer die Glocken nie klingen
als zu der Weihnachtszeit:
S'ist als ob Engelein singen
wieder von Frieden und Freud'.
|: Wie sie gesungen in seliger Nacht. :|
Glocken mit heiligem Klang,
klinget die Erde entlang!

Oh, wenn die Glocken erklingen,
schnell sie das Christkindlein hört;
tut sich vom Himmel dann schwingen
eilig hernieder zur Erd'.
|: Segnet den Vater, die Mutter, das Kind. :|
Glocken mit heiligem Klang,
klinget die Erde entlang!

Klinget mit lieblichem Schalle
über die Meere noch weit,
daß sich erfreuen doch alle
seliger Weihnachtszeit.
|: Alle aufjauchzen mit herrlichem Sang. :|
Glocken mit heiligem Klang,
klinget die Erde entlang!

Süßer die Glocken nie klingen ist eines der bekanntesten deutschen Weihnachtslieder. Den Text schrieb der evangelische Theologe und Pädagoge Friedrich Wilhelm Kritzinger (1816-1890) 1826 zu der Melodie eines älteren thüringischen Volkslieds, auf die um 1847 Karl Kummerel (1822–1857) sein Seht, wie die Sonne dort sinket dichtete.

Dank der bekannten Melodie erlangte Süßer die Glocken nie klingen recht schnell eine große Bekanntheit. Bereits Ende des 19. Jahrhundert fand sich das Lied in diversen Liedersammlungen und -bücher. Auch in unserer heutigen Zeit kommt man kaum um dieses Lied herum. Nahezu jeder Künstler, der ein Weihnachtsalbum herausgibt, interpretiert Kritzingers Weihnachtslied. Von den Fischer Chören bis zu Helene Fischer und Michele, über Nana Mouskouri, Vicky Leandros, Ivan Rebroff, Edith Prock bis zu Peter Alexander, Roy Black, Die Flippers, Heintje und sogar der Brite Roger Whittaker- um nur einige zu nennen. Sie alle stellten ihre Version von Süßer die Glocken nie klingen vor. Meist waren es traditionelle Schlagerarrangements, aus denen sich Wolfgang Petri mit seinem deutschrockigen Gitarrensound erfrischend abhebt.

Dabei klingt das Lied auf den ersten Blick recht kitschig. Glocken, die süß klingen? Weihnachtskekse und kleine Kinder mögen süß sein - aber Glocken? Denken wir überhaupt darüber nach oder singen wir einfach diese altbekannten, traditionellen Zeilen weil sie einfach so dazu gehören?

Ein erster Interpretationsversuch führt zur Umdeutung von »süß« im Sinne von »lieblich«. Das passt schon besser in die Weihnachtszeit, aber kommt uns heutzutage immer noch etwas schräg vor. Erst wenn wir uns sprachlich bis in Mittelalter zurückversetzen, kommen wir der Sache auf die Spur. "Süß" war damals nicht nur eine Frage des Geschmacks, sondern auch ein Synonym für »heilig«. Somit meinte das »süße Kind« in der Krippe das »heilige Kind«. Und damit sind wir dann doch wieder mitten in der Weihnachtszeit: Heiliger die Glocken nie klingen…

Die heiligen Glocken

Wie könnten die Glocken auch heiliger klingen als zur Weihnachtszeit? Weihnachten ist schließlich das Fest der Geburt Christi, des Heilands. Die Glocken erinnern uns an die Weihnachtsgeschichte: Es »st als ob Engelein singen wieder von Frieden und Freud«. So »wie sie gesungen in seliger Nacht«, der Nacht der Geburt Jesus Christus. Die Glocken sind hier ein Symbol der Verkündung der Geburt Christi, ja der ganzen Weihnachtsgeschichte.

Doch in der zweiten Strophe geht Friedrich Wilhelm Kritzinger geht noch einen Schritt weiter. Indem er sagt »wenn die Glocken erklingen, schnell sie das Christkindlein hört« adressiert er das Christuskind selbst. Anstatt dessen Geburt zu verkünden, sollen die Glocken das Christkind herbei locken, denn es »tut sich vom Himmel dann schwingen« und eilt »hernieder zur Erd«.

Damit rückt Kritzinger das Lied auf der Zeitachse ein wenig in Richtung Advent, der Zeit des Wartens auf die Ankunft des Heilands. Doch nur ein klein wenig. Denn gleich im Anschluss heißt es »Segnet den Vater, die Mutter, das Kind«. Und wieder ist es Aufgabe der Glocken, die frohe Kunde zu verbreiten: »Glocken mit heiligem Klang, klinget die Erde entlang!«.

Das Ausrufezeichen ist keine Feststellung, dass die Glocken klingen, sondern eine Aufforderung, dass sie nun klingen sollen. Sie sollen die frohe Botschaft verbreiten »über die Meere noch weit, dass sich erfreuen doch alle seliger Weihnachtszeit«.

Ja, die Glocken sollen klingen, weil sie nicht besser, nicht süßer und heiliger klingen können als in der Weihnachtszeit. Damit schließt sich der Kreis der drei Strophen. Das Lied beginnt mit der Feststellung »Süßer die Glocken nie klingen« und jede der drei Strophen endet mit der Aufforderung: »Glocken mit heiligem Klang, klinget die Erde entlang!«

Der Klang der Glocken symbolisiert die weihnachtliche Freude. Insofern spricht auch nichts dagegen, das traditionell eher gemächliche Süßer die Glocken nie klingen etwas peppiger, etwas fröhlicher zu singen. Denn was kann unsere Herzen fröhlicher machen als die Geburt des Heilands zu Weihnachten…?

Claudia Nicolai, 14. Dezember 2016

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