So treiben wir den Winter aus

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Musiknoten zum Lied - So treiben wir den Winter aus

So treiben wir den Winter aus,
durch unsre Stadt zum Tor hinaus
und jagen ihn zuschanden,
hinweg aus unsern Landen.

Wir stürzen ihn von Berg zu Tal,
damit er sich zu Tode fall.
Wir jagen ihn über die Heiden,
dass er den Tod muss leiden.

Wir jagen den Winter vor die Tür,
den Sommer bringen wir herfür,
den Sommer und den Maien,
die Blümlein mancherleien.

Der Text des Lieds So treiben wir den Winter aus stammt aus dem 15. Jahrhundert und die Melodie ist aus dem frühen 16. Jahrhundert überliefert. Schon Martin Luther verwendete die Melodie 1545 für seine Parodie »Nun treiben wir den Papst hinaus«.

Zu dem hier vorgestellten Text gibt es diverse Variationen. Eine davon ist die nachfolgende, die den Winter mit dem Antichristen gleichsetzt:

So treiben wir den Winter aus,
durch unsre Stadt zum Tor hinaus
mit seinen Betrug und Listen,
den rechten Antichristen.

So treiben wir den Winter aus wird auch als »Mittfasten-Lied« bezeichnet, denn sowohl in der der römisch-katholischen als auch evangelisch-lutherischen Liturgie wurde der Sonntag Lätare, der 4. Sonntag in der Fastenzeit, als Frühlingsbeginn mit Todaustragen und Sommereinholen gefeiert. Dazu wurde neben anderen das Lied So treiben wir den Winter aus gesungen.

Mit dem Sonntag Laetare (Lätare) ist die Mitte der Fastenzeit (»Mittfasten«) überschritten. Der Tag hat deshalb einen fröhlichen, Trost spendenden Charakter, da nun auch das Osterfest näher rückt: »Freut euch mit Jerusalem! Jubelt in der Stadt, alle, die ihr sie liebt. Seid fröhlich mit ihr, alle, die ihr über sie traurig wart. Saugt euch satt an ihrer tröstenden Brust, trinkt und labt euch an ihrem mütterlichen Reichtum!« (Jes 66,10–11).

Noch im 19. Jahrhundert wurde in vielen Regionen Deutschlands in der Mitte der Fastenzeit der Frühlingsbeginn gefeiert und dabei auch das Lied So treiben wir den Winter aus gesungen. Doch in der heutigen Zeit wird der Brauch des Winteraustreibens und des Sommerbegrüßens kaum noch begangen. Lediglich in Mittel- und Südwestdeutschland ist der Brauch noch regional verbreitet. Der Sommergewinn in Eisenach, der auf die Tradition des Winteraustreibens und Sommereinholens zurückgeht, gilt heute als eines der größten Frühlingsfeste in Deutschland. Es wird am Wochenende vor dem Sonntag Laetare gefeiert. Das Fest hat die Deutsche UNESCO-Kommission im Dezember 2016 in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Bei all diesen Umzügen und dem sich anschließenden Verbrennen oder Ertränken einer Strohpuppe wird auch heute noch das Lied So treiben wir den Winter aus gesungen.

Tom Borg, 7. März 2024

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