O hängt ihn auf

O hängt ihn auf ist ein Spottlied aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

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Musiknoten zum Lied - O hängt ihn auf

O hängt ihn auf! O hängt ihn auf!
O hängt ihn auf, den Kranz voll Lorbeerbeeren!
Ihn, unsern Fürst, ihn unsern Fürst,
ihn, unsern Fürst, den wollen wir verehren.
O hängt ihn auf! Ihn, un - sern Fürst!
O hängt ihn auf! Ihn, unsern Fürst,
ihn, unsern Fürst, den wollen wir verehren.

Wir treten, dich - wir treten, dich zu ehren, heut zusammen.
Wohl in den Leib - wohl in den Leibern lodern helle Flammen.

Du bist ein vie -, du bist ein vielgeliebter Fürst auf Erden.
Und auch ein hund -, und auch einhundert Jahre sollst du werden.

Es ehrt dich Schwein - es ehrt dich Schweinfurts starke Bürgerwehre.
Ein' Riesenros - ein' Riesenrosenstrauß wir dir verehren.

wie gemein - wie gemeinsam unsre Herzen schlagen,
siehst du heut aus - siehst du heut aus den Worten, die wir sagen.

wie es riecht - o wie es riecht nach deinem Ruhm im Lande.
Aus deinem Mund - aus deinem Mund kam nie ein Wort der Schande.

Wir brechen dir - wir brechen dir zum Ruhm der Feinde Speere.
Selbst Hals und Bein - selbst Hals und Beine opfern wir zur Ehre.

wie es glänzt - o wie es glänzt in deinen goldnen Haaren,
vor Speck und Dreck - vor Speck und Dreck soll man dich stets bewahren.

Du hast 'nen Flo-, du hast 'nen Florentiner Hut am Kopfe.
Auf deiner Brust - auf deiner Brust prangt mancher Stern am Knopfe.

Du kommst heut auf - du kommst heut auf die Stadt bei Sturm und Regen.
Die Polizei - die Polizei schützt dich auf allen Wegen.

geh von uns - o geh von uns nicht ohne den Gedanken,
sobald es geht - sobald es geht, kehr wieder heim nach Franken.

O hängt ihn auf ist ein politisches Spottlied auf die Obrigkeit aus der Zeit des Vormärzes, also die Zeitspanne zwischen 1815 und 1848.

Es ist ein satirischer Gesang, der gegen Personen gerichtet ist, die sich unbeliebt gemacht haben und nicht direkt angegangen werden können. Denn Meinungsfreiheit war zu jener Zeit noch ein frommer Wunsch, aber keine Realität. Deshalb musste Kritik indirekt vorgebracht werden.

Das Lied O hängt ihn auf gibt vor, ein Loblied auf eine Persönlich des öffentlichen Lebens zu sein. Denn bei offener Kritik hatte man damals Gefängnis oder schlimmeres zu befürchten. Die Kritik musste also versteckt oder indirekt transportiert werden – und sollte doch von jedermann klar verstanden werden, ohne es wörtlich auszusprechen.

Die Urheber des Lieds O hängt ihn auf lösten dies recht einfach mit einer geschickten Melodieführung und Textanordnung. Der Anfang der Melodie besteht aus drei Achtelnoten gleicher Tonhöhe, gefolgt von einer halben Note und noch eine Achtel-Pause. Klar, dass jeder bei dem Text »O hängt in auf« sehr klare Vorstellungen über den Sinn des Textes hatte. Das Lied wiederholt diese Zeile sogar noch einmal, um dann in der dritten Zeile aufzulösen in »O, hängt ihn auf, den Kranz voll Lorbeerbeeren!« Aha, niemand soll aufhängt werden, kein Todesurteil vollstreckt. Es gilt, einen Lorbeerkranz als Ehrung aufzuhängen. Ein Schelm, wer etwas anderes denkt!

Es folgen weitere zehn Strophen, die ähnlich aufgebaut sind. Gleich in der zweiten macht nur ein gesetztes Koma den Unterschied im Sinn:

Wir treten dich

wäre ein körperlicher Angriff. Aber

Wir treten, dich zu ehren, heut zusammen

ist ein grammatikalischer Kniff der alles zum Guten wendet, formal zumindest. Durch die Wiederholung der ersten drei Wörter wird die grammatikalische Konstruktion erst bei der Wiederholung erkennbar. Zeit genug also, um alle Zuhörer zunächst auf andere Gedanken zu bringen. Genial gemacht, so mit Worten und Emotionen zu spielen.

Das Lied O hängt ihn auf tut auf elf Strophen so, als wäre es ein Loblied, nur um dann umso kräftiger auszuteilen. Dies aber eben nicht wortwörtlich, sondern nur indirekt indem der Hörerschaft der Anfang eines Satzes angeboten wird, samt Pause, um erst den falschen Eindruck einer Drohung zu erwecken und diesen dann in der Wiederholung in ein Lob umzukehren.

O hängt ihn auf ist ein kunstvoller Balanceakt zwischen bissig und humorvoll; auf jeden Fall aber clever ausgedacht und großartig realisiert.

Tom Borg, 30. April 2023

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