Das Weihnachtslied Nun singet und seid froh ist die deutsche Fassung des kirchlichen Mischgesangs in dulci jubilo (›in süßer Freude‹), der seit dem 15. Jahrhundert bekannt ist. Diese rein deutsche Textversion, die heute in der evangelischen Kirche bevorzugt gesungen wird und im Evangelischen Gesangbuch (EG 35) steht, ist seit dem 17. Jahrhundert (Hannoversches Gesangbuch 1646) bekannt.
Wie Mang (Liederquell, Dörfler Verlag, 2015, ISBN 978-3-89555-679-1, S. 985) ausführt, wurde der lateinisch-deutsche Mischgesang des »in dulci jubilo« in der katholischen Kirche erst Anfang des 20. Jahrhunderts wieder lebendig. Die rein deutsche Fassung hingegen erlangte zu dieser Zeit erst ihre weite Verbreitung wozu die deutsche Jugendbewegung, die Anfang des 20. Jahrhunderts dem Volksgesang eine neue Blüte bescherte, sehr viel beitrug, auch wenn es im seinerzeit bedeutendsten Liederbuch, dem Zupfgeigenhansel, nicht enthalten war.
Wie kaum ein anderes drückt Nun singet und seid froh Jubel und Weihnachtsfreude der Christengemeinde aus. Der lutherische Theologe August Friedrich Christian Vilmer (1800-1868) schrieb in seiner Geschichte der deutschen Nationalliteratur (1862): »Aus diesem Liede spricht der volle und wahre Jubel der Christenfreude und aus seiner, ihn wie in einem echten Volksliede eigens angehörigen prachtvoll jauchzenden Melodie der helle, laute Freudengesang einer ganzen Gemeinde, eines ganzen Christenvolkes, welches dem Frohlocken, das alle Herzen in gleicher Stärke durchzittert, durch weitschallende Jubeltöne Luft machen muss.«
Heutzutage wird die Beliebtheit eines Liedes an der Anzahl der Videos auf YouTube und deren Abrufzahlen gemessen. Diesem Indikator folgend erfreut sich Nun singet und seid froh bis heute großer Beliebtheit. Tonaufnahmen der ganz großen Stars sucht man, für die rein deutschsprachige Fassung, vergeblich; es wird auch heute noch die gemischtsprachige Variante bevorzugt oder zumindest das markante »in dulci jubilo« miteingefügt.
Tom Borg, 8. November 2023