In einen Harung jung und stramm

Das deutsche Scherzlied In einen Harung jung und stramm enstand Anfang des 20. Jahrhunderts.

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Musiknoten zum Lied - In einen Harung jung und stramm

In einen Harung jung und stramm,
der auf dem Meeresgrunde schwamm,
zwo, drei, vier: Ss - ta - ta, ti - ral - la - la,
|: verliebte sich, o Wunder, 'ne olle
Flunder, 'ne olle Flunder. :|

Der Harung sprach: Du bist verrückt,
du bist mir viel zu platt gedrückt.
Rutsch mir den Buckel runter,
du olle Flunder!

Da stieß die Flunder in den Grund
wo sie 'nen goldnen Rubel fund,
ein Goldstück von zehn Rubel,
o welch ein Jubel.

Da war die olle Schrulle reich,
da nahm der Harung sie sogleich;
denn so ein oller Harung,
der hat Erfahrung.

Er biss die alte Flunder tot,
verspeiste sie zum Abendbrot,
versoff dann die 10 Rubel,
o welch ein Jubel.

Und die Moral von der Geschicht:
verlieb dich in einen Harung nicht,
denn so ein oller Harung,
der hat Erfahrung.

Das tierische Scherzlied In einen Harung jung und stramm ist eines von vielen. Aus dem 19. Jahrhundert sind uns viele Liebesgeschichten zwischen Fischen und anderen Tieren bekannt. Oft als Fabel gestaltet, die uns eine Lehre für unser eigenes Leben sein soll, oft aber auch einfach nur zur Belustigung. Unter den Fischen ist besonders häufig ein Hering involviert. Dies wird oft darauf zurückgeführt, dass Victor von Scheffels Gedicht Eine traurige Geschichte aus dem Jahr 1847 eine Motivation für solche Fischgedichte war. Die Anfangszeilen lauteten:

Ein Hering liebt eine Auster
Im kühlen Meeresgrund;

Eine tierische Liebesgeschichte mit tragischem Ende. Der verliebte Hering wird am Ende von der Auster getötet. Eine abschreckende Liebelei ohne Happy End. Das Lied fand um die Jahrhundertwende Verbreitung in studentischen Kreisen und wurde auch in studentische Komersbücher aufgenommen, was dazu führte, dass es in feuchtfröhlicher Bierlaune als Trinklied gesungen wurde. Somit mag es als Vorlage oder zumindest Anregung für In einen Harung jung und stramm gedient haben, das Anfang des 20. Jahrhunderts populär wurde und spätestens ab den 1930er Jahren in ganz Deutschland bekannt und beliebt war.

Georg Nagel schreibt in Deutsche Lieder: »In einen Harung jung und schlank wird zum ersten Mal 1856 in Chants populaires des Flamands de France (Gent) erwähnt.« Die Liederforscher Theo und Sunhilt Mang schreiben in Der Liederquell (Lied 6-84, Seite 595) dass In einen Harung jung und schlank Anfang des 20. Jahrhunderts entstand. Dies mag daran liegen, dass es viele ähnliche Liedversionen gibt. Allen gemeinsam ist jedoch die Geschichte: Die alte Flunder liebt einen jungen Harung, der diese jedoch zurückweist. Als dann die alte Flunder ein Goldstück am Meeresgrund fand, da nahm sie der Harung sogleich. Ein Happy End nimmt die Geschichte trotzdem nicht, denn der Harung beißt die Flunder tot, verspeist sie zum Abendbrot und versäuft das Gold. Was bleibt ist:

... die Moral von der Geschicht:
verlieb dich in einen Harung nicht,
denn so ein oller Harung,
der hat Erfahrung

Bleibt die Frage, warum der »Harung jung« der ersten Strophe plötzlich in der sechsten ein «oller« (alter) mit Erfahrung ist. Die Antwort darauf bleibt das Lied uns schuldig…

Tom Borg, 18. Mai 2023

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