Heinrich schlief bei seiner Neuvermählten,
einer reichen Gräfin an dem Rhein;
Schlangenbisse, die den Falschen quälten,
ließen ihn nicht ruhig schlafen ein.
Zwölfe schlugs, da drang durch die Gardine
plötzlich eine weiße kalte Hand.
Wen erblickt' er? Seine Wilhelmine,
die im Sterbekleide vor ihm stand.
Bebe nicht! sprach sie mit leiser Stimme,
ehmals mein Geliebter, bebe nicht!
Ich erscheine nicht vor dir im Grimme,
deiner neuen Liebe fluch ich nicht.
Zwar der Kummer hat mein junges Leben,
trauter Heinrich, schmerzlich abgekürzt;
doch der Himmel hat mir Kraft gegeben,
dass ich nicht zur Hölle bin gestürzt.
Warum traut ich deinen falschen Schwüren,
baute fest auf Redlichkeit und Treu?
Warum ließ ich mich durch Worte rühren,
die du gabst aus lauter Heuchelei?
Weine nicht, denn eine Welt, wie diese,
ist den Tränen, die du weinst, nicht wert;
lebe froh und glücklich mit Elise,
welche du zur Gattin hast begehrt.
Lebe froh und glücklich hier auf Erden,
bis du einst vor Gottes Thron wirst stehn,
wo du strenger wirst gerichtet werden,
für die Liebe, die du konnt'st verschmähn!