Am Waldesrand, im Wiesengrund
die alte Eiche knorrig steht;
sie steht viel hundert Jahre drunt',
ob Sonnenschein, ob's stürmt und weht.
Gar viele schmucke Jägersleut'
sah sie an sich vorüberziehn;
sie steht noch stolz und mächtig heut,
die Jägersleut' sind längst dahin.
Lehn' ich an ihrem moos'gen Stamm,
mir ist, als spräche sie zu mir:
"Wie du, so stand manch Jägersmann
vor hundert Jahren auch schon hier.
Es fand im heißen Sonnenbrand,
wie in Gewitters Ungemach
ein jeder seinen Unterstand,
ein immerwährend gastlich Dach.
Ob Bettelmann, ob Fürstenblut,
ob Hochgeboren oder Knecht;
ich nahm sie all' in meine Hut,
und jeder hatte gleiches Recht.
Ich breitete die Arme weit
so über arm, wie über reich;
mich kümmerte nicht Rang noch Kleid,
ich schützte alle Menschen gleich.
So hielt ich's einst und halt' ich's heut,
trotz meiner vielen Jahre Bürd',
bis nun wohl auch für mich die Zeit
des Niederganges kommen wird."
So spricht zu mir der alte Baum,
wenn ich an seinem Stamme steh';
und vor der Seele, wie im Traum,
ich lang vergang'ne Zeiten seh'.