Der Morgenstern ist aufgedrungen ist ein Advents- und Weihnachtslied, das der evangelische Geistliche und Kirchenlieddichter Daniel Rumpius (Rump) (1549-um 1600) in seinem »Liedbüchlein, darin begriffen Lehre, Trost, Vermahnung, Beichte, Klage, Bitte, Gebete, Fürbitte, Danksagungen etc…« im Jahr 1587, unter Rückgriff auf eine weltliche Vorlage, veröffentlicht hat.
Der Pfarrer und geistliche Dichter Otto Riethmüller (1889-1938) wird oft als Schöpfer der heutigen, modernen, Fassung des Liedtextes bezeichnet. Tatsächlich stammt von ihm aber nur die vierte Zeile der zweiten Strophe, die er im Rahmen einer Neufassung im Jahr 1932 besteuerte.
Die heute gesungene Version mit den Strophen eins, zwei und vier verdanken wir jedoch Wilhelm Witzke, der 1925 Der Morgenstern ist aufgedrungen überarbeitete und in seinem Werk »Sechzig auserlesene deutsche Volkslieder«.
Die ergreifende Melodie schuf Michael Praetorius (1607). Sie ist auch in den »Musae Sioniae« (1609) überliefert.
Das heute ungebräuchliche Wort »aufgedrungen« als Vergangenheitsform von »aufdringen« interpretiert den Morgenstern als biblische Metapher. In vielen Kulturen und Religionen wird der Morgenstern als ein Symbol für Erneuerung, Wiedergeburt und spirituelle Transformation betrachtet.
Im christlichen Kontext spiegelt der Morgenstern somit die Ankunft einer neuen Ära wider, die mit der Ankunft von Jesus Christus beginnt. Es ist die Ankunft eines neuen Lichts, das unsere innere Dunkelheit erleuchtet und uns den Weg zu Gottes Reich weist.
In dem alten Volkslied, das Rump als Vorlage diente, zeigte der aufgehende Morgenstern einem Paar an, dass es an der Zeit ist, das heimliche Liebeslager zu verlassen. In Der Morgenstern ist aufgedrungen singt anstelle einer Nachtigall eine Schar Engel. Und es erschallt die symbolische Stimme der Wächter: »Wacht auf!«
Mit dem Erwachen ist unser geistiges Erwachen gemeint. Unsere Sinne sollen die Botschaft verstehen, die mit der Geburt von Jesus Christus verbunden ist. Denn der Wächter ist eine Metapher für Gott, der die Menschen zur Wachsamkeit und zum Lobpreis aufruft.
Tom Borg, 2.Dezember 2023