Das beliebte Kinderlied Auf einem Baum ein Kuckuck saß ist seit Anfang der 1830er belegt. Gedruckt wurde es erstmals 1838
In Die deutschen Volkslieder mit ihren Singweisen. Gesammelt und hrsg. von Ludwig Erk und Wilhelm Irmer, 1. Heft, S. 21 (Nr. 20). Später präsentierten Erk & Böhne das Lied auch in Deutscher Liederhort 3, S. 527. Als Herkunftsort benennt Ludwig Erk das Bergische Land.
Mit einer Version als Fastnachtslied (Text & Noten auf Liederlexikon) hielt3n 1846 die bis heute bekannten und vor allem bei Kindern beliebten Zungenbrecher »Sim-salderim-bim-basala-Dusel-daledim!« und »Prrrrrik! Kukuk – Bum!« Einzug. Ersterer war auch schon in der Urversion enthalten, wenn auch in etwas leichter singbarer Fassung.
Zum späten 19. Jahrhundert verbreitete sich das Lied dann auch in Studentenkreisen, wo aus dem kindlich anmutenden Tierkrimi ein übermütiges Trinklied wurde, das noch heute als Spiellied von Kindern gesungen wird. Denn das »sim sa la dim bam ba sa la du sa la dim« und erst recht »Prrrrrik! Kukuk – Bum!« fielen den Studenten mit zunehmendem Alkoholpegel immer schwerer – ebenso wie heute Kindern, wenn das Lied immer schneller gesungen wird. In Studentenkreisen war seinerzeit eine Bierstrafe fällig. Bei Kindern wird es heutzutage als Pfänderspiel benutzt. Wer einen Textversprecher hat, muss ein Pfand abgeben.
Auf einem Baum ein Kuckuck saß wurde in der Folgezeit in viele Liederbücher aufgenommen. Es findet sich vor allem auch in den Liederbüchern des Wandervogel, der Bündischen Jugend und in Wanderliederbüchern.
Über die Bedeutung des Textes und was Auf einem Baum ein Kuckuck saß uns sagen möchte, ist viel spekuliert worden. War es einfach nur eine Tiergeschichte oder steckt ein tieferer Sinn dahinter? Immerhin erzählt das Lied von einem Jäger, der den Kuckuck zwar totschießt, doch kehrt dieser (ein neuer Kuckuck) im nächsten Jahr wieder zurück.
Die Jahre 1848/1849 waren geprägt durch die Märzrevolution im Jahre 1848 und die darauffolgende Deutsche Revolution. Viele Freigeister, so auch Hoffmann von Fallersleben, verpackten damals ihre Meinung in harmlos klingende Gedichte wie Frühlingsgruß. Lisa Naundorf vermutet auf Deutschland-Lese: So »könnte der Kuckuck für Widerstand und Freiheit stehen. Der Jäger hingegen verkörpert den absolutistischen Herrscher zu dieser Zeit. Er erschoss den Kuckuck, um freiheitliche Gedanken zu unterdrücken, jedoch kamen Widerständler immer wieder...«
Tom Borg, 21. Mai 2023