Maria, breit' den Mantel aus ist eines der bekanntesten Marienlieder und auch eines der ältesten deutschsprachigen. Bereits im Jahr 1640 wurde es in einem Vier-Lieder-Druck mit dem Titel »Vier schöne newe geistliche Lieder, Von vnser lieben Frawen der Himmelkönigin Maria vnnd Muetter der Barmhertzigkeit« veröffentlicht. Danach geriet es langsam in Vergessenheit, auch wenn es ab und an gedruckt wurde.
Erst im 19. Jahrhundert erwachte das Interesse an dem Lied wieder neu. Zunächst druckte der Liedersammler Philipp Maximilian Körner (1811–1854) 1841 die vier Lieder der Flugschrift von 1640 in seinem »Marianischen Liederkranz« nach.
Im Jahr 1885 schuf der Jesuit Guido Maria Dreves (1854-1909) eine Neufassung des Textes und auch der Priester und Kirchenliedkomponist Joseph Hermann Mohr präsentierte 1891 einen neuen Text samt Vertonung, die in Basel, Freiburg und Münster in die Diözesangesangbücher übernommen wurde. Diese Liedfassung ist bis heute im Rheinland und in Westfalen verbreitet.
Der große Wurf gelang dann Kirchenlieddichter Georg Thurmair (1909-1984) und Komponist Adolf Lohmann (1907-1983), die kurzerhand die Melodie von 1640 mit Mohrs Textstrophen eins, zwei und vier kombinierten und eine neue dritte hinzufügten. Daraus entwickelte sich die heute gesungene Fassung mit vier Strophen.
Seit 1973 gehört Maria, breit' den Mantel aus auch zum ökumenischen Liederkanon.
Besonders beliebt ist Maria, breit' den Mantel aus in Bayern, denn dort, wie auch im ganzen südeuropäischen Raum, ist das Motiv der »Schutzmantelmadonna« seit dem 13. Jahrhundert sehr bekannt und beliebt. Es geht darauf zurück, dass Maria, oder auch Engel, ihren Mantel aufhalten, damit sich verfolgte Christen oder symbolisch die ganze Christenheit darunter verstecken kann. Es gab auch den Brauch, dass Verbrecher und Übeltäter von Strafe verschont blieben, wenn sie die Zuflucht unter den Mantel einer fürstlichen Frau schafften.
Das Singen des Lieds Maria, breit' den Mantel aus ist somit ein symbolisches Erbitten von Schutz und Fürsorge der Gottesmutter Maria.
Tom Borg, 1.Dezember 2023