Wem Gott will rechte Gunst erweisen

Joseph von Eichendorf dichtete Wem Gott will rechte Gunst erweisen 1822. 1833 fügte Friedrich Theodor Fröhlich die Melodie nach einer älteren Vorlage hinzu.

Downloadformate

Musiknoten zum Lied - Wem Gott will rechte Gunst erweisen

Wem Gott will rechte Gunst erweisen,
den schickt er in die weite Welt,
dem will er seine Wunder weisen
in Berg und Wald und Strom und Feld.

Die Trägen, die zu hause liegen,
erquicket nicht das Morgenrot,
sie wissen nur von Kinderwiegen,
von Sorgen, Last und Not ums Brot.

Die Bächlein von den Bergen springen,
die Lerchen schwirren hoch vor Lust.
Was soll' ich nicht mit ihnen singen
aus voller Kehl'und frischer Brust?

Den lieben Gott laß ich nur walten.
Der Bächlein, Lerchen, Wald und Feld
und Erd' und Himmel will erhalten,
hat auch mein' Sach'aufs Best' bestellt.

Die fröhliche Melodie des deutschen Volkslieds Wem Gott will rechte Gunst erweisen komponierte der Schweizer Musiker Friedrich Theodor Fröhlich (1803 - 1879) im Jahr 1833 nach einer älteren Vorlage nach der das Volkslied Da zieh' ich wiederum gesungen wird. In der Sing- und Wandervogelzeit erlangte Wem Gott will rechte Gunst erweisen eine große Popularität.

Den Text dichtete Joseph von Eichendorff 1823 unter dem Titel Der frohe Wandersmann. Im Jahr 1826 veröffentlichte Eichendorff das Gedicht in seiner Novelle Aus dem Leben eines Taugenichts. In dieser wird der Sohn eines Müllers von seinem Vater auf Wanderschaft geschickt, damit der verträumte und leichtlebige junge Mann den Ernst des Lebens kennenlernen soll. Dieser nimmt seine Geige und fährt in der Kutsche eines hübschen Fräuleins davon.

Wie der Titel Der frohe Wandersmann vermuten lässt, empfindet der junge Mann dies aber nicht als Strafe. Im Gegenteil; in der ersten Strophe heißt es jubelnd: »Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt«. Das Reisen durch die Natur wird als positives Erlebnis empfunden. Aber auch die Verbundenheit mit Gott wird herausgestellt, denn es ist »seine Schöpfung« die es zu erforschen gilt. Und dazu muss man reisen, denn Gottes Wunder kann man nur »in Berg und Wald und Strom und Feld« erkennen.

Im direkten Gegensatz dazu steht die zweite Strophe, in der all die Daheimgebliebenen bemitleidet werden. Sie »erquicket nicht das Morgenrot«, sondern sie plagen des Lebens täglich Sorgen. Der Wanderer hingegen genießt die Natur in vollen Zügen. Er sieht »die Bächlein von den Bergen springen« und »die Lerchen schwirren«. Alles dies betrachtet der Wanderer als Gottes Schöpfung und die Gelegenheit all dies zu sehen und kennenlernen zu dürfen, als eine göttliche Gunst, die ihn vor Glück, Freude und Ergriffenheit fröhlich lässt »singen aus voller Kehl' und frischer Brust«.

Joseph von Eichendorff, der selbst ein sehr gläubiger Mensch war, lässt das lyrische Ich in der vierten Strophe zu der Erkenntnis und Überzeugung gelangen, dass im Leben alles gut bestellt ist, wenn man einfach Gott walten lässt und seine Welt mit ihrer herrlichen Natur genießt. Doch diese kann man nur erschauen, wenn man die Welt bereist. Somit ist es für den jungen Mann keine Strafe, auf Wanderschaft geschickt zu werden, sondern vielmehr ein Geschenk, dass er aus vollen Zügen genießt.

Tom Borg, 25. Mai 2023

 Top