Lustig ist das Zigeunerleben

Lustig ist das Zigeunerleben ist ein volkstümliches Lied aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, das vermutlich aus dem Elsass oder Schlesien stammt. Obwohl sich das Lied weiterhin großer Beliebtheit erfreut, ist die Verwendung des Begriffs "Zigeuner" heute problematisch.

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Musiknoten zum Lied - Lustig ist das Zigeunerleben

Lustig ist das Zigeunerleben,
faria, faria, ho.
Brauch'n dem Kaiser kein Zins zu geben,
faria, faria, ho.
Lustig ist's im grünen Wald,
wo des Zigeuners Aufenthalt.
Faria, faria, faria,
faria, faria, fario, ho.

Sollt' uns mal der Hunger plagen,
gehn wir, uns ein Häschen jagen.
Häschen nimm dich wohl in acht,
wenn des Jägers Büchse kracht.

Soll' uns mal der Durst sehr quälen,
gehn wir hin zu Wasserquellen,
trinken das Wasser wie Moselwein,
als wär es der schönste Champagnerwein.

Mädchen, willst du Tabak rauchen,
brauchst dir keine Pfeif' zu kaufen,
Pfeif' und Tabak hab' ich hier,
geb' ich gerne dir.

Mädchen, willst du Kaffee trinken,
so musst du die Schale schwenken,
schwenkst du dir die Schale nicht,
trinken wir auch den Kaffee nicht.

Wenn uns tut der Beutel hexen,
lassen wir unsre Taler wechseln,
treiben die Zigeunerkunst,
da kommen die Taler wieder all zu uns.

Wenn wir auch kein Federbett haben,
tun wir uns ein Loch ausgraben,
legen Moos und Reisig nein,
das soll unser Federbett sein.

Die Volksliedforscher Theo & Sunhilt Mang bezeichnen das Lied Lustig ist das Zigeunerleben als Trinklied (Der Liederquell, Dörfler Verlag, 2015, Seite 550). Dies mag daher kommen, dass Lustig ist das Zigeunerleben in der Tat mit einer fröhlichen Melodie im 6/8-Takt daherkommt, die zum Mitsingen animiert, was durch den Textinhalt verstärkt wird.

Das Lied beschreibt romantisierend das Leben der Volksgruppe, die man damals als Zigeuner bezeichnete. Gemeint ist die ethnische Gruppe, die sich selbst als Sinti und Roma bezeichnet.

Obwohl das Wort »Zigeuner« schon damals einen leicht negativen Beigeschmack hatte, überwog seinerzeit die schwärmerische Vorstellung vom freien Leben. Ohne Rücksicht auf Grenzen von einem Land zum anderen zu ziehen, niemandem Rechenschaft schuldig zu sein, dem »Kaiser keinen Zins«, also Steuern, zahlen zu müssen. Wem würde das nicht gefallen? Und dennoch war automatisch auch eine unbewusste Abwertung dabei. Das Leben außerhalb der Regeln und den damit verbundenen Pflichten weckte Neid und soziale Abgrenzung. Ein Gefühl zwischen Verklärung und Ablehnung.

So ist es nicht verwunderlich, dass das Wort »Zigeuner« zwar vielfach verwendet wurde, aber mehr und mehr einen negativen Touch bekam, der eigentlich schon immer latent enthalten war. Es gab einen »Zigeunerbaron« und ein Singspiel von Franz Hillmann das, wie unser Lied, Lustig ist das Zigeunerleben hieß. Der Inhalt: Studenten wollen eine Tante und ihre Nichte von deren Schwärmerei für das Zigeunerleben abbringen.

Die Volksgruppe der Sinti und Roma, die seit über 600 Jahren in Deutschland lebt, hat sich übrigens selbst nie als »Zigeuner« bezeichnet. Die meiste Zeit waren sie jedoch eine ausgegrenzte – und nicht selten verfolgte – Minderheit. Insbesondere in der Zeit des Sozialsozialismus wurden Sinti und Roma Opfer systematischer Verfolgung und Deportationen.

Nicht zuletzt wegen der Verfolgung, Deportationen und regelrechtem Genozid ist der Begriff »Zigeuner« heute verpönt.

Die Eigenbezeichnung »Sinti und Roma« ist ein fundamentales Anliegen des Zentralrats Deutscher Sinti & Roma, die auf ihrer Webseite eine Erläuterung zum Begriff »Zigeuner« liefern.

Sinti und Roma sind aufgrund der Vorurteile im Alltag immer noch Ausgrenzungen und Anfeindungen ausgesetzt. Und gleichzeitig sind nicht alle Menschen die das Z*-Wort benutzen automatisch Rassisten oder Antiziganisten.

Sollte man nun auf das Singen des Lieds Lustig ist das Zigeunerleben verzichten und das Wort samt Problem dahinter einfach totschweigen? Nein, denn zumindest den Wert der grenzenlosen Freiheit schätzen wir auch heute noch, so wie einst in Schillers Räuberlied Ein freies Leben führen wir besungen.

Tom Borg, 18. April 2023

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