Lobt Gott, ihr Christen alle gleich, auch als Lobt Gott, ihr Christen allzugleich gesungen, ist ein Kirchenlied von Nikolaus Herman (um 1480–1561) das vorwiegend zur Weihnachtszeit gesungen wird. Es ist eines von vielen Liedern, die Herman als Schulmeister und Kantor für die Schulkinder geschrieben hat. Die meisten davon weisen eine einfache Form auf und werden auf Melodien gesungen, die leicht zu merken und zu erlernen sind und dennoch einen religiösen Tiefgang haben. Diese Kombination ist kein Zufall, sondern eher eine logische Konsequenz. Denn den Kantor und Schulmeister verband eine enge Freundschaft und Zusammenarbeit mit Johann Mathesius, dem Pfarrer der Gemeinde, die sich beide ergänzten. Es heißt in einer Erzählung über die beiden: »Wenn Herr Mathesius eine gute Predigt getan, so ist der fromme Kantor geschwind dagewesen und hat sie in die Form eines Gesangs gebracht«. So sammelten sich im Laufe der Jahre einige religiöse Lieder an, entstanden aus Predigten und Gesprächen, die der Schulmeister und Kantor für Kirchengesang und vor allem schulischer Verwendung in singbare Lieder goss.
Hermans bekanntestes Lied, Lobt Gott, ihr Christen alle gleich, greift zurück auf Johannes 1,18 und Philipper 2,7. Eine Frühfassung des Lieds wurde bereits 1550 als Liedflugschrift verbreitet. Herman benutzte die Melodie eines Johannisreigens, dem er den Rhythmus einer Allemande gab, schrieb Ingeborg Weber-Kellermann (Das Buch der Weihnachtslieder, Schott, ISBN 3-7957-8213-9, 8. Auflage, 1994, S. 142). 1554 wurde die Melodie dem Text »Kommt her, ihr lieben Schwesterlein an diesem Abendtanz, lasst uns ein geistlich Liedlein singen um einen Kranz« unterlegt. Erst im Jahr 1560 erfolgte die Erstveröffentlichung des vollständigen Textes zusammen mit Hermans überarbeiteten Melodie in Wittenberg.
Auf den Kernsatz der ersten Liedstrophe »der heut' schließt auf sein Himmelreich« greifen Theologen gerne zurück, um die tiefere Bedeutung von Weihnachten zu erklären, indem sie sagen, dass die Paradiestür, die Gott beim Sündenfall von Adam und Eva für die Menschen verschlossen hat, mit der Geburt seines Sohnes Jesus wieder geöffnet hat. In der sechsten Strophe greift Hermann diesen Gedanken in den ersten beiden Versen erneut auf: »Heut’ schleußt er wieder auf die Tür zum schönen Paradeis«. Damit unterstreicht er die Botschaft, dass Gottes Tür für uns Menschen immer offen steht.
Tom Borg, 13. September 2023