Die Kirchenmusik unterteilt sich zwei große Bereiche: Die Gattung der geistlichen Oden zu der die Lehroden gehören, sowie zum anderen die Oden für das Herz, zu denen letztlich auch die Lob- und Preisgesänge gehören. Abhängig davon, ob der Text der Oden mehr auf Unterrichtung abzielt oder mehr das Empfinden des Lesers bzw. Singenden ansprechen möchte, kann eine geistliche Ode in die eine oder andere Gattung eingeordnet werden. Zwangsläufig ist diese Unterscheidung jedoch nicht immer klar gegeben, so dass auch Oden in beide Gattungen fallen können.
In den Lehroden steht Deutlichkeit und Kürze im Vordergrund, während in der andern Gattung die Sprache des Herzens, die lebhafte, gedrungene, feurige und doch stets verständliche Sprache vorherrscht. Dass der Verstand in den Liedern unterrichtet und genährt werde, ist eine sehr notwendige Pflicht der Kirchenmusik, wenn man die unrichtigen Begriffe, die sich die breite Masse von der Religion macht, den Mangel der Kenntnis in den Wahrheiten derselben, und die täglichen Zerstreuungen bedenkt, unter denen unsere Einsicht in die Religion oft Sätze und Bestimmungen oder zumindest den Eindruck und die lebhafte Vorstellung davon verliert.
Die Lieder für das Herz, denen der Gesang vorzüglich eigen ist, sind hingegen so beschaffen, dass sie uns alles, was erhaben und rührend in der Religion ist, fühlen lassen: Das Heilige des Glaubens, das Göttliche der Liebe, das Heldenmütige der Selbstverleugnung, das Große der Demuth, das Liebenswürdige der Dankbarkeit, das Edle des Gehorsams gegen Gott und unsern Erlöser, das Glück, eine unsterbliche, zur Tugend und zum ewigen Leben erschaffene und erlöste Seele zu haben; dass sie uns die Schändlichkeit des Lasters, das Tierische der Lüste und Sinnlichkeit, das Niederträchtige des Geizes, das Kleine der Eitelkeit, das Schreckliche der Wollust, mit einem Worte, die Reizungen der Tugend und die Hässlichkeit des Lasters empfinden lassen; der Tugend, wie sie von Gott geliebt, befohlen, zu unserm Glücke befohlen wird; des Lasters, wie es vor Gott ein Aufruhr, für uns Schande, zeitliches Elend, ewige Pein ist.
Doch gerade dies gereicht der Kirchenmusik immer wieder zum Nachteil. Da die geistlichen Gesänge nicht wie die andern Arten der Poesie das Vergnügen zu ihrer Hauptabsicht haben, sind die Komponisten und Textdichter weniger am Wohlklang interessiert als vielmehr an Nachdruck und Kraft. Das Ohr mag an einer kleinen Härte leiden, solange nur das Herz dabei gewinnt. Unter dieser Jahrhunderte lang gelebten musikalischen Priorität leidet die Kirchenmusik noch heute, wo wir deutlich mehr auf den Wohlklang achten, denn auf den Zweck eines Liedes, was natürlich nicht heißt, dass Texte unwichtig werden. Vielmehr ist es eine Forderung unserer Zeit, dass Kirchenmusik einen ansprechenden geistlichen Text mit einer wohlklingenden Melodie und Harmonierung verweben muss, wenn sie die singende Gemeinde fesseln möchte, der Gattungsbegriffe genauso befremdlich sind wie der Gesang als reiner Selbstzweck oder liturgisches Gestaltungselement.