Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen

Weihnachtslied mit einem Text von Hermann Kletke.

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Musiknoten zum Lied - Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen

Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen,
wie glänzt er festlich, lieb und mild,
als spräch' er: "Wollt in mir erkennen
getreuer Hoffnung stilles Bild!"

Die Kinder stehn mit hellen Blicken,
das Auge lacht, es lacht das Herz,
o fröhlich seliges Entzücken!
Die Alten schauen himmelwärts.

Zwei Engel sind hereingetreten,
kein Auge hat sie kommen seh'n,
sie gehn zum Weihnachtstisch und beten,
und wenden wieder sich und geh'n.

"Gesegnet seid, ihr alten Leute,
gesegnet sei, du kleine Schar!
Wir bringen Gottes Segen heute
dem braunen wie dem weißen Haar.

Zu guten Menschen, die sich lieben,
schickt uns der Herr als Boten aus,
und seid ihr treu und fromm geblieben,
wir treten wieder in dies Haus."

Kein Ohr hat ihren Spruch vernommen,
unsichtbar jedes Menschen Blick
sind sie gegangen wie gekommen,
doch Gottes Segen blieb zurück.

Den Text des beliebten Weihnachtslieds Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen veröffentlichte der deutsche Lyriker Hermann Kletke (1816–1886) im Jahr 1841 in seiner Sammlung Phantasus. Ein Kinderbuch unter dem Titel Weihnachtsspruch. Heute ist dieser Originaltitel nur noch wenigen Interessierten bekannt. Aber als Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen kennt es jedes Kind, denn es wird zur Weihnachtszeit im gesamten deutschsprachigen Raum gesungen und ist auch über die Grenzen hinweg bekannt geworden.

Die Melodie war schon vorher aus Meiningen in Thüringen bekannt mit dem Text »Schön ist die Jugend bei frohen Zeiten« und auch in Sachsen singt man »Es blühen Rosen, es blühen Nelken« auf diese Melodie.

Neben dem Klassiker O Tannenbaum, o Tannenbaum und dem weniger bekannten Der Christbaum ist der schönste Baum ist Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen eines der Lieder, die den Weihnachtsbaum besingen und ihn als Symbol für Weihnachten und die gesamte Weihnachtszeit herausstellen. Denn der Weihnachtsbaum begleitet uns ja meist einige Tage, da viele Familien den Weihnachtsbaum schon vorab schmücken, oft gemeinsam mit den Kindern, die dann tagelang darauf warten, dass es endlich Heiligabend wird und das Christkind kommt (mit dem Geschenken) und die Kerzen am Weihnachtsbaum angezündet werden. Denn Weihnachten ohne Weihnachtsbaum? Undenkbar!

Dabei ist die Tradition des Weihnachtsbaums noch gar nicht so alt. Zwar war das Weihnachtsfest auch früher schon ein Fest der Innigkeit und der Familie – und als solchen auch das, was man heute einen »kommerziellen Event« nennen würde. Es wurden auch früher schon Geschenke verteilt, in Anlehnung an die Geschenke und Gaben der Hirten in Bethlehem, doch waren es damals eher praktische Dinge, die man verschenkte. Denn in der damaligen Zeit waren die Menschen noch mehr mit den Herausforderungen des täglichen Lebens konfrontiert und weniger konsumorientiert.

Biedermeiers Weihnacht

Mit dem industriellen Fortschritt zum Beginn des 19 Jahrhunderts verbesserte sich die Lebenslage der Menschen, wenn auch nicht alle in gleichem Maße davon profitierten.

Victor von Scheffel schuf damals mit seinen Gedichten »Biedermanns Abendgemütlichkeit« und »Bummelmaiers Klage« (1848) den Begriff »Biedermeier«, der die damalige Zeit mit einem Schlagwort verband. Er steht für das bürgerliche Leben, die private Idylle und die Fokusierung auf Werte wie Familie, Natur und Religion. Dazu gehörte jedoch auch der Konsum als Belohnung für die persönlichen Leistungen. Man lebte und genoss den Lohn der Arbeit, was sich in vielen Bereichen des Lebens bemerkbar machte. So auch zu Weihnachten, wo sich, wer konnte, einen Weihnachtsbaum leistete und diesen auch festlich schmückte.

Damals nahm die Kommerzialisierung des Weihnachtsfests ihren Anfang. Ebenso einige der bei uns bis heute beliebten Weihnachtstraditionen. Denn ein Weihnachtsbaum gehört heute zu Weihnachten wie der Nikolaus und das Christkind. Und die Geschenke natürlich. Davon erzählt das 1914 veröffentlichte Weihnachtsgedicht Eine Muh, eine Mäh

Doch mit Weihnachten sind auch die Tradition verbunden, die bis heute Brauch blieb sind: Anfang Dezember, in den USA sogar schon 2 Monate früher, wird das Haus geschmückt. Wer kann, stellt Figuren und Lichter in den Garten oder vor’s Haus, und die Zimmer werden weihnachtlich gestaltet.

Anfang des 19. Jahrhunderts kamen Weihnachtsbäume mit Kerzen in Mode. Die ganz Familie schmückte den Baum – und dann hieß es warten auf das Christkind. Das kam am 24. Dezember am späten Nachmittag oder frühen Abend. Und es brachte Geschenke für die ganze Familie, so sie sich diese leisten konnte. Heute ist es vielfach Brauch, dass die Geschenke in den Tagen vor Weihnachten von allen Familienmitgliedern unter den Baum gelegt werden, sie sammeln sich nach und nach an, denn, dass nicht wirklich ein Christkind kommt, dass wissen heute natürlich alle Kinder. Doch der Reiz bleibt, denn alle würden ja gerne ihre Geschenke auspacken, die da so verlockend unter dem Weihnachtsbaum liegen.

In unserer heutigen Zeit hat Weihnachten viel von seiner religiösen Bedeutung verloren. Heute denken wir mehr an moralische Werte wie Familie, Liebe oder Treue und weniger an die christliche Botschaft. Doch eines ist geblieben: Erst, wenn am Weihnachtsbaum die Kerzen brennen, dann hat Weihnachten richtig angefangen und

Die Kinder stehn mit hellen Blicken,
das Auge lacht, es lacht das Herz,
o fröhlich seliges Entzücken!

Tom Borg, 23. September 2023

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