Wir winden dir den Jungfernkranz

Wir winden dir den Jungfernkranz stammt aus Carl Maria von Webers 1820 komponierten Oper »Der Freischütz«. Den Text schrieb Friedrich Kind 1817.

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Musiknoten zum Lied - Wir winden dir den Jungfernkranz

Wir winden dir den Jungfernkranz
mit veilchenblauer Seide;
wir führen dich zu Spiel und Tanz,
zu Glück und Liebesfreude!
Schöner, grüner, schöner,
grüner Jungfernkranz!

Lavendel, Myrt' und Thymian,
das wächst in meinem Garten;
wie lang bleibt doch der Freiersmann?
Ich kann es kaum erwarten.

Sie hat gesponnen sieben Jahr
den goldnen Flachs am Rocken;
die Schleier sind wie Spinnweb‘ klar;
und grün der Kranz der Locken.

Und als der schmucke Freier kam,
war'n sieben Jahr' verronnen;
und weil er die Herzallerliebste nahm,
hat sie den Kranz gewonnen.

Das Lied Wir winden dir den Jungfernkranz ist das Libretto der Brautjungfern aus Carl Maria von Webers (1786-1826) Oper »Der Freischütz«. Der Text stammt aus der Feder des damals viel gelesenen Dichters Johan Friedrich Kind (1768-1843), der auf eine Erzählung aus dem »Gespensterbuch« zurückgriff, das sein früherer Mitschüler, der Jurist und Dichter Johann August Appels (1771-1816), 1811 veröffentlicht hatte.

Im dritten Akt der romantischen Oper singen die Brautjungfern dieses Lied, während sie Agathe, der Braut des Jägers Max, den Jungfernkranz flechten. Dieser Jungfernkranz ist das zentrale Motiv des Lieds.

Historisch gesehen war der Jungfernkranz ein Kranz aus frischen Blumen, den unverheiratete Frauen für die Braut herstellten. Er repräsentierte Reinheit, Jugend und symbolisch den Übergang von einem Lebensabschnitt zum anderen: vom Mädchen zur Ehefrau. Die Blumen, aus denen der Kranz geflochten wurde, hatten jede eine eigene Bedeutung. So symbolisierten Rosen die Liebe, Myrte die Treue und Lilien die Reinheit.

Das gemeinsame Flechten des Jungfernkranzes durch die Freundinnen sowie weibliche Verwandte und Geschwister der Braut symbolisierte die Solidarität der Frauen untereinander und entsprach symbolisch dem Junggesellenabend, den der Bräutigam mit seinen Freunden veranstaltete. Doch während die Junggesellenabende meist feuchtfröhlich und etwas derber abliefen, feierte die Braut seinerzeit etwas züchtiger im Kreise ihrer Brautjungfern mit eher braven Liedern, Spiel und Tanz - und eben dem Winden des Jungfernkranzes, der Liebe, Treue und Glück bescheren sollte.

Das Lied Wir winden dir den Jungfernkranz drückt die Vorfreude auf die Hochzeit aus, aber auch die Melancholie über den Verlust der Jungfräulichkeit, was damals noch wörtlich zu nehmen war. Von einer Braut wurde seinerzeit ein unbescholtener Lebenswandel erwartet, während der Bräutigam durchaus seine Abenteuer haben durfte. Und auch als Ehefrau war es mit dem freien Lebenswandel meist nicht allzu weit her. Denn Frauen hatten den Haushalt zu führen und ansonsten züchtig zu leben. Somit war eine Hochzeit immer auch ein starker Einschnitt in den gewohnten Lebenswandel und das Winden des Jungfernkranzes eine oft letzte Gelegenheit, einen unbeschwerten Abend mit den Freundinnen zu verbringen.

Tom Borg, 27. Februar 2024

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