Wir lagen vor Madagaskar

Wir lagen vor Madagaskar ist ein deutsches Volkslied, das um 1934 entstand und dem deutschen Komponisten und Schauspieler Just Scheu zugeschrieben wird.

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Musiknoten zum Lied - Wir lagen vor Madagaskar

Wir lagen vor Madagaskar
Und hatten die Pest an Bord.
In den Kesseln, da faulte das Wasser,
Und täglich ging einer über Bord.

(Refrain)
Ahoi, Kameraden, ahoi, ahoi.
Leb wohl kleines Mädel, leb wohl, leb wohl.
Ja, wenn das Schifferklavier an Bord ertönt,
Ja, da sind die Matrosen so still,
Weil ein jeder nach seiner Heimat sich sehnt,
Die er gerne einmal wiedersehen will.

Wir lagen schon vierzehn Tage,
Kein Wind in die Segel uns pfiff.
Der Durst war die größte Plage,
Dann liefen wir auf ein Riff.
Ahoi, Kameraden...

Der Langbein der war der erste,
Der soff von dem faulen Nass.
Die Pest gab ihm das Letzte,
Und wir ihm ein Seemannsgrab.
Ahoi, Kameraden...

Und endlich nach 30 Tagen,
Da kam ein Schiff in Sicht,
Jedoch es fuhr vorüber
Und sah uns Tote nicht.
Ahoi, Kameraden...

Kameraden, wann sehn wir uns wieder,
Kameraden, wann kehren wir zurück,
Und setzen zum Trunke uns nieder
Und genießen das ferne Glück.
Ahoi, Kameraden...

Wir lagen vor Madagaskar ist ein deutsches Volkslied, das dem deutschen Komponisten und Schauspieler Just Scheu (1903-1956) zugeschrieben wird. Als Entstehungsjahr wird 1934 angenommen. Ursprünglich hatte das Lied sieben Strophen, die aber vielfach abgewandelt und umgeformt wurden. Der Tenor des Lieds blieb jedoch immer gleich: Ein Schiff in Not, das die Pest an Bord hatte, suchte Rettung. Diese eigentlich traurig, melancholische Grundstimmung des Liedtextes übermalt die die schwungvolle Melodie, die im flotten Viertviertel-Takt marschmäßig daherkommt. Aus der Vergangenheitsform des Titels »Wir lagen« mag man ableiten, dass das lyrische Ich wohl den Vorfall überlebt hat und nun davon singt.

Das Lied beginnt der Schilderung der Situation:

Wir lagen vor Madagaskar
Und hatten die Pest an Bord.
In den Kesseln, da faulte das Wasser,
Und täglich ging einer über Bord.

Die Pest ist eine Infektionskrankheit, die vor allem von Ratten und Mäuse übertragen wird. Und davon gab es damals wohl einige an Bord der großen Schiffe. War die Krankheit aber erst einmal ausgebrochen, durften die betroffenen Schiffe in keinem Hafen mehr einlaufen und die Besatzung unter keinen Umständen an Land gehen. Doch davon waren die Matrosen unseres Lieds wohl weit entfernt. Sie lagen vor Madagaskar, einer großen Insel vor der südostafrikanischen Küste. Es müssen wohl viele krank gewesen sein, denn »täglich ging einer über Bord«, sprich: einer war verstorben und sein Leichnam wurde über Bord ins Meer geworfen. Der Abschiedsgruß des Todgeweihten lautete: »Ahoi, Kameraden, ahoi, ahoi«. Und an seine Liebste in der Heimat gerichtet: »Leb wohl kleines Mädel, leb wohl, leb wohl«.

Die Hoffnung auf Rettung war fern oder gar vergebens, doch ein jeder, der noch lebte, sehnte sich zurück in seine Heimat. Davon singt der zweite Teil des Refrains:

Weil ein jeder nach seiner Heimat sich sehnt,
die er gerne einmal wiedersehen will.

Doch das Schicksal ist gnadenlos. Vierzehn Tage schon lag das Schiff vor Madagaskar, denn es gab keinen Wind mit dem das Segelschiff hätte Fahrt aufnehmen können. Und die Mannschaft hatte Durst – doch das Wasser war verdorben. Und dann lief das Schiff auch noch auf ein Riff.

Ein Horrortrip von dem das Lied nicht berichtet, wie der singende Matrose den Weg zurück in die Heimat gefunden hat. Oder ist es der letzte Gesang eines Matrosen auf einem dem Tod geweihten Schiff?

Wir lagen vor Madagaskar ist bis heute ein beliebtes Seemannslied, das gerne von Shanty-Chören interpretiert wird. Es erinnert an alte Zeiten in der die ›Große Fahrt‹ noch eine Herausforderung für Schiff und Mannschaft war. Dieses Lied ist ein Stück Heimatgefühl für die Menschen der Norddeutschen Küstenregionen.

Tom Borg, 25. Juni 2023

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