Sehnsucht nach dem Frühling

(Komm, lieber Mai, und mache)

Den Text des Mailieds Komm, lieber Mai, und mache dichtete der Christian Adolf Overbeck. Mozart vertonte das Gedicht 1791 – und Ludwig Erk verbreitete 1824 die heutige Volksliedfassung.

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Musiknoten zum Lied - Sehnsucht nach dem Frühling

Komm, lieber Mai, und mache
die Bäume wieder grün,
und laß uns an dem Bache,
die kleinen Veilchen blühn!
Wie möchten wir so gerne
ein Veilchen sehn,
ach, lieber Mai,
wie gerne einmal spazieren gehn.

Zwar Wintertage haben
wohl auch der Freuden viel:
man kann im Schnee eins traben
und treibt manch' Abendspiel,
baut Häuserchen von Karten,
spielt Blindekuh und Pfand:
Auch gibts wohl Schlittenfahrten
auf's liebe freie Land.

Doch wenn die Vöglein singen
und wir dann froh und flink
auf grünem Rasen springen,
das ist ein alter Ding!
Jetzt muß mein Steckenpferdchen
dort in dem Winkel stehn,
denn draußen in dem Gärtchen
kann man vor Schmutz nicht gehn.

Am meisten aber dauert
mich Lottchens Herzeleid:
Das arme Mädchen lauert
recht auf die Blumenzeit;
umsonst hol' ich ihr Spielchen
zum Zeitvertreib herbei;
sie sitzt auf ihrem Stühlchen
wie's Hühnchen auf dem Ei.

Ach, wenn's doch erst gelinder
und grüner draußen wär!
Komm, lieber Mai! Wir Kinder,
wir bitten gar zu sehr!
O komm und bring' vor allen
uns viele Veilchen mit,
bring' auch viel Nachtigallen
und schöne Kuckucks mit.

Das deutsche Volkslied Sehnsucht nach dem Frühling, besser bekannt unter der ersten Textzeile Komm, lieber Mai, und mache ist ein Winterlied, in dem ein kleiner Junge den Frühling herbeisehnt und deshalb den Mai anfleht, die Natur wieder erblühen und ergrünen zu lassen.

Komm, lieber Mai, und mache gehört zu den wenigen Liedern, die als Kunstlied geschaffen, volkstümlich wurden. Die Melodie komponierte der Salzburger Komponist Wolfgang Amadeus Mozart 1791.

Den Originaltext veröffentlichte der Dichter und Jurist Christian Adolph Overbeck (1755-1821) im Vossischen Musenalmanach für das Jahr 1776 unter dem Titel Fritzchen an den May. 1779 veröffentlichte Joachim Heinrich Campe (1746-1818) in seiner Kleinen Kinderbibliothek eine überarbeitete Fassung bei der insbesondere die Strophen zwei und drei komplett neugeschaffen wurden. Ob diese Änderungen tatsächlich von Overbeck stammen, ist strittig, denn Overbeck verwendete auch für spätere Veröffentlichungen stets in seine Urfassung. Mozart hingegen kannte nur die neuere Textfassung und verwendete diese für seine Vertonung. Damit verlor das Lied etwas von seinem kindlichen Charakter. Denn bei Overbeck beginnt die zweite Strophe mit dem Seufzer »In unsrer Kinderstube wird mir die Zeit so lang!« Daraus wurde das heute bekannte »Zwar Wintertage haben wohl auch der Freuden viel«, was deutlich unverbindlicher, ja, geradezu schwammig und nebulös klingt. Auch der Name des Mädchens, das Fritzchen so am Herzen lag, wurde von »Fieckchen« nach »Lottchen« umbenannt; auch dies klingt runder und allgemeiner.

Geblieben ist jedoch, zumindest sinngemäß, die Schlüsselzeile: »Das arme Mädchen lauert recht auf die Blumenzeit«. Dies Mädchen hat es dem klagenden Jungen angetan. Sie ist traurig, denn »sie sitzt in ihrem Stühlchen wie's Hühnchen auf dem Ei.« weil sie nicht draußen in der bunten Natur herumspringen kann. Deshalb die Bitte des Jungen: »Komm, lieber Mai, wir Kinder, wir bitten gar zu sehr!« Dies ist die kindliche Sehnsucht nach dem Frühling, die wir alle bis heute nachvollziehen können. Nach den dunklen Wintermonaten freuen wir uns alle auf den Frühling und das Erblühen der Natur, was üblicherweise im Mai, dem ›Wonnemonat‹, endgültig die tristen Wintertage vertreibt.

Tom Borg, 7. Juni 2023

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