O alte Burschenherrlichkeit

Eines der bekanntesten Studentenlieder aus dem 19. Jahrhundert.

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Musiknoten zum Lied - O alte Burschenherrlichkeit

O alte Burschenherrlichkeit,
wohin bist du entschwunden?
Nie kehrst du wieder, goldne Zeit,
so froh und ungebunden!
Vergebens spähe ich umher,
ich finde deine Spur nicht mehr,
o jerum, jerum, jerum, o quae mutatio rerum.

Den Burschenhut bedeckt der Staub,
es sank der Flaus in Trümmer,
der Schläger ward des Rostes Raub,
erblichen ist sein Schimmer,
verklungen der Kommersgesang,
verhallt Rapier- und Sporenklang,
o jerum, o quae mutatio rerum.

Wo sind sie, die vom breiten Stein
nicht wankten und nicht wichen,
die ohne Moos bei Scherz und Wein
den Herr'n der Erde glichen?
Sie zogen mit gesenktem Blick
in das Philisterland zurück,
o jerum, o quae mutatio rerum.

Da schreibt mit finsterm Amtsgesicht
der eine Relationen,
der andre seufzt beim Unterricht,
und der macht Rezensionen,
der schilt die sünd'ge Seele aus
und der flickt ihr verfall'nes Haus,
o jerum, o quae mutatio rerum.

Allein das rechte Burschenherz
kann nimmermehr erkalten;
im Ernste wird, wie hier im Scherz,
der rechte Sinn stets walten;
die alte Schale nur ist fern,
geblieben ist uns doch der Kern,
und den laßt fest uns halten.

Drum, Freunde, reichet euch die Hand,
damit es sich erneure,
der alten Freundschaft heil'ges Band,
das alte Band der Treue.
Klingt an und hebt die Gläser hoch,
die alten Burschen leben noch,
noch lebt die alte Treue.

Um die Urheberschaft des Studentenlieds O alte Burschenherrlichkeit gab es die letzten knapp 200 Jahre diverse Dispute. Klar ist letztlich nur, dass die Urheberschaft des Arztes und Burschenschafters Eugen Höfling (1808–1880) widerlegt ist. Denn die älteste bekannte Veröffentlichung des Textes stammt aus dem Jahr 1825 und erschien unter dem Titel »Rückblick eines alten Burschen« in der Berliner Zeitschrift »Der Freimütige oder Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser«, herausgegeben von Dr. August Kuhn.

Im Jahr 1877 beanspruchte der spätere Sanitätsrat und Burschenschafter Eugen Höfling (1808–1880) die Urheberschaft. Allerdings gilt es als unwahrscheinlich, dass er das Text als 16-jähriger Gymnasiast verfasst hat. Die Melodie ist als Volksweise seit Anfang des 19. Jahrhunderts bekannt.

Das Lied O alte Burschenherrlichkeit blieb bis heute ein fester Bestandteil des von Studentenverbindungen gesungenen Liederrepertoires. Aufgrund seiner Popularität, vor allem im 19. und 20. Jahrhundert, entwickelte sich die erste Textzeile, die heute auch als Liedtitel betrachtet wird, zu einem geflügelten Wort, das die Sehnsucht nach der schönen, freien Jugendzeit als Student ausdrückt. Denn mit den Worten »O alte Burschenherrlichkeit, wohin bist du entschwunden?« blickt ein älterer Mann zurück auf seine Jugendjahre, die weit zurück liegen. Damals als junger Bursche war er »so froh und ungebunden«.

Die nostalgische Verklärung der Jugendzeit und der damit verbundenen Erinnerungen ist ein Phänomen, das sich nur schwer begreifen lässt. Wir trauern der Jugendzeit nach und empfinden sie als schön und frei von Regeln und Pflichten, obwohl es so gar nicht war. Aber als Jugendlicher hat man noch Träume, möchte etwas erreichen, gemeinsam mit den Freunden die Welt erobern, froh und ungebunden seine Grenzen ausprobieren.

Im Alter schaut man wehmütig zurück auf diese Zeit der jugendlichen Freiheit, die am Ende doch nur wenige wirklich genutzt haben. Anstatt als Student mit den anderen die Welt zu erobern, landen die meisten von uns in einer Reihenhauswohnung oder im biederen Eigenheim mit Vorgarten. Dann schaut man irgendwann wehmütig zurück auf die Träume der Jugendzeit und vermisst die geselligen Tage im Kreise Jugendfreunde: »O alte Burschenherrlichkeit, wohin bist du entschwunden?«

Doch »Allein das rechte Burschenherz kann nimmermehr erkalten« heißt es in der fünften Strophe und macht damit klar, dass es letztlich an uns selbst liegt, ob die Flamme der Jugend in uns irgendwann erlischt. Ob wir ein trostloses Dasein fristen oder ob wir uns ein frohes Herz bewahren, das liegt letztlich an uns selbst. Der Körper mag zwar alt werden, doch der Geist der Freundschaft und die Kraft der Lebenslust werden niemals alt.

Tom Borg, 11. März 2024

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