Die ersten drei Textstrophen des Lieds Mit Ernst, o Menschenkinder dichtete Valentin Thilo der Jüngere 1607–1662), ein Angehöriger des Königsberger Dichterkreises, zu dem auch Simon Dach gehörte, dem wir das Lied Ännchen von Tharau zu verdanken haben. Die Strophe vier wurde übernommen aus Hannoversches Gesangsbuch 1657.
Das Lied erschien 1642 in den Preußischen Festliedern bei Johnn Stobäus, der dazu eine für den Kunstgesang bestimmte Melodie schuf. Die heute gebräuchliche Melodie war ursprünglich kein Kirchenlied, sondern geht auf das französische Lied »Une Jeune Pucelle« (Lyon 1557) zurück. 1563 war sie zunächst dem Choral »Von Gott will ich nicht lassen« unterlegt.
Mit Ernst, o Menschenkinder ist zweifelsohne ein kirchlicher Text, der auf verschiedene Bibelstellen Bezug nimmt. Während die erste Strophe noch einleitend auffordert, sich auf Gottes Gesandten »mit Ernst« vorzubereiten, greift der Text der zweiten Strophe direkt auf eine Bibelstelle zurück. In Jesaja 40, 3-4 steht geschrieben:
»In der Wüste bereitet dem Herrn den Weg, macht in der Steppe eine ebene Bahn unserm Gott! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was uneben ist, soll gerade, und was hügelig ist, soll eben werden.«
Diese Aufforderung greift auch Markus (MK 1, 3-4) auf als er über das Auftreten von Johannes den Täufer berichtet. Dessen Bußruf lautet: »Bereitet den Weg des Herrn, macht seine Steige eben!«
Thilo verwendet Motive dieser Bibelstellen und komprimiert sie auf wenige, lyrisch formulierte Verse, die allesamt auf Herzensfrömmigkeit zielen. Denn
ein Herz, das richtig ist
und folget Gottes Leiten,
das kann sich recht bereiten,
zu dem kommt Jesus Christ
Mit Ernst sollen wir unser Herz bestellen, heißt es gleich in den ersten beiden Versen des Lieds. Es ist nicht nur Gottes Botschaft an uns Menschen, sondern hier auch Thilos Aufruf an uns alle, festen Glaubens durchs Leben zu gehen. Und das besonders in der Weihnachtszeit in der wir nicht nur von Vorfreude auf das Weihnachtsfest erfüllt sind. Advent ist in der Kirche auch eine Zeit Buße. Eine Zeit, in der wir in uns gehen und begreifen sollen, welches Geschenk uns Gott mit seinem Sohn, dem Christuskind in der Krippe, macht. Und das Mit Ernst, o Menschenkinder, damit wir frohen Herzens Weihnachten feiern können.
Tom Borg, 15. Oktober 2023