Jetzt kommen die lustigen Tage

Jetzt kommen die lustigen Tage war schon in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts populär, wurde aber erst mit der Jugendbewegung des 20. Jahrhunderts weiten Kreisen bekannt.

Downloadformate

Musiknoten zum Lied - Jetzt kommen die lustigen Tage

Jetzt kommen die lustigen Tage,
Schätzel, ade,
und das ich es dir auch gleich sage,
es tut mir gar nicht weh.
Und im Sommer,
da blüht der rote, rote Mohn
und ein lustiges Blut
kommt überall davon.
Schätzel ade, Schätzel, ade!

Im Sommer, da müssen wir wandern,
Schätzel, ade,
und küssest du gleich einen andern,
wenn ich es nur nicht seh.
Und seh ich's im Traum,
so red' ich mir halt ein,
ach, es ist ja nicht wahr,
es kann ja gar nicht sein.
Schätzel ade, Schätzel, ade!

Und kehr ich dann einstmals wieder,
Schätzel, ade.
So sing ich die alten Lieder,
vorbei ist all mein Weh.
Und bist du mir gut
wie einstmals im Mai,
so bleib ich bei dir
auf ewige Treu.
Schätzel ade, Schätzel, ade!

Nein, in Jetzt kommen die lustigen Tage geht es nicht um die fünfte Jahreszeit, den Karneval, sondern um die zweite: den Sommer, der mit Sehnsucht erwartet und mit großer Freude begrüßt wird. Damals, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, neigte sich die Tradition des Wanderns um in der Ferne und bei fremden Lehrmeistern ein Handwerk zu erlernen, ihrem Ende zu. Die Welt veränderte sich, denn die Industrialisierung veränderte das Leben nicht nur in den Städten, sondern auch in den ländlichen Gegenden. Zog man früher in die Ferne, um sein Glück zu suchen und ein Handwerk zu lernen, so zog es nun die Menschen hinaus in die Natur zum Entspannen. Das Wandern wurde zu einer Freizeitbeschäftigung in ganz Europa und ganz besonders in Deutschland, wo mit dem Aufkommen des urbanen Lebensstils auch die Sehnsucht nach der Ruhe und Entspannung in der Natur wuchs. Die Menschen begannen, der Hektik des Stadtlebens zu entfliehen und in der Natur zur Ruhe zu kommen.

Gleichzeitig nahm das Interesse an der Natur zu. Denn mit dem Ausbruch der Naturwissenschaften aus den verstaubten Hörsälen der Universitäten breitete sich das Interesse an der Natur und ihrer Erforschung aus. Die Menschen zog es hinaus in die Natur; und es wurde eine beliebte Freizeitbeschäftigung mit »Kind und Kegel« zu Wandern, die Schönheit der Natur zu genießen, die Blumen und Wiesen, Sträucher und Bäume aus der Nähe zu schauen und ihre Schönheit zu bewundern. Man ging mit offenen Augen durch die Natur und wanderte um des Wanderns willen. Wandern als Lebensstil und Freizeitbeschäftigung. Dies führte zu der Liebe, ja, der Besessenheit mit der die Menschen im 19. Jahrhundert durch die Natur streiften. Wandern war eine Leidenschaft, ein Hobby.

Allerdings waren es meist die jungen Männer, die auf Wanderschaft gingen, während die Mädchen, der jungen Männer »Liebchen«, mal mehr und mal weniger brav zuhause warteten, dass der Liebste von der Wanderschaft zurückkehrte.

So auch in unserem Lied Jetzt kommen die lustigen Tage. Der junge Mann möchte wandern, hinaus in die weite Welt und Natur, denn »im Sommer, da müssen wir wandern«. Seiner Liebsten sagt er schlicht »Schätzel, ade« und erhofft sich, dass die Liebste auf ihn wartet, auch wenn es in der ersten Strophe übermütig heißt: »es tut mir gar nicht weh«.

»Und kehr ich dann einstmals wieder«, dann erhofft sich der junge Mann, dass seine Liebste auf ihn gewartet hat und ihre Liebe und Freundschaft einfach da weitergeht, wo sie zugunsten der Wanderschaft unterbrochen wurde. Dann will er ihr die alten Lieder singen, erwartet, dass die Liebste sich freut, so »wie einstmals im Mai«. Doch bis dahin heißt es erst einmal: »Schätzel ade«, denn Jetzt kommen die lustigen Tage.

Tom Borg, 30. April 2023

 Top