Das Frühlingsgedicht Grüß Gott, du schöner Maien wurde im 16. Jahrhundert von einem unbekannten Dichter, vermutlich im Frankenland, verfasst. Die Melodie, nach der das Lied heute gesungen wird, ist deutlich jünger. Sie entstand in ihrer heutigen Form wohl im 19. Jahrhundert und erlangte einen hohen Bekanntheitsgrad durch die Aufnahme in Franz Wilhelm Ditfurths 1877 erschienene 50 ungedruckte Balladen und Liebeslieder des 16. Jahrhunderts.
»Grüß Gott« ist die noch heute gebräuchliche Begrüßungsformel im süddeutschen Raum und meint nichts anderes als »Guten Tag«, was man in anderen Teilen des Landes sagt. Unser Lied heißt demzufolge »Guten Tag, du schöner Mai«.
Das Lied ist eine fröhliche Huldigung an den Wonnemonat Mai und wird noch heute oft im Frühling gesungen.
Durch die Personifizierung fällt es uns leichter, den Monat Mai, der ja letztlich nur ein Monat im Kalender ist, konkret zu begreifen und zu (er)fassen. Der Mai als Gast in unserem Jahreslauf und Leben, der die Natur wiederbelebt, den Winter endgültig vertreibt, und die Natur zum Erblühen bringt. Ein solcher Gast ist uns immer willkommen; wir sehnen ihn herbei nach all den tristen Wintermonaten. Und steht er nun vor der Tür, so begrüßen wir ihn freudig mit Grüß Gott, du schöner Maien.
Vor allem in ländlichen Gegenden wird noch heute, so wie in früheren Zeiten, der Mai freudig mit Maifeuer begrüßt und mit reichlich Alkohol begossen. Man freut sich auf den Mai als Sinnbild des Naturerwachsens und des Frühlings. Schnee und Kälte verschwinden endgültig. Es kommt der wärmende Frühling als Vorbote des Sommers. Die Natur erwacht, Pflanzen treiben aus und zeigen sich in ihrer ganzen Farbenpracht. Alles neu macht der Mai, wie es in einem anderen Frühlingslied heißt.
Nach dem dunklen Winter endlich wieder das Erwachen der Natur und die Schönheit des Frühlings erleben. Dafür steht die Jahreszeit Frühling – und als kalendarisches Sinnbild der Monat Mai.
So begrüßen wir den Mai nicht nur mit Freude, sondern auch Dankbarkeit und singen fröhlich: Grüß Gott, du schöner Maien.
Tom Borg, 26. April 2023