Auf, du junger Wandersmann

Das Volks- und Wanderlied Auf, du junger Wandersmann stammt aus dem 19. Jahrhundert. Heutzutage wird aber nur noch Walther Hensels Überarbeitung aus dem Jahre 1923 gesungen.

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Musiknoten zum Lied - Auf, du junger Wandersmann

Auf, du junger Wandersmann,
jetzo kommt die Zeit heran,
die Wanderzeit,
die gibt uns Freud'!
Woll'n uns auf die Fahrt begeben,
das ist unser schönstes Leben,
großes Wasser, Berg und Tal,
anschauen überall.

An dem schönen Donaufluss
findet man ja seine Lust
und seine Freud' auf grüner Heid',
wo die Vöglein lieblich singen
und die Hirschlein fröhlich springen,
dann kommt man vor eine Stadt,
wo man gute Arbeit hat.

Mancher hinterm Ofen sitzt
und gar fein die Ohren spitzt,
kein' Stund' vors Haus ist kommen 'aus;
den soll man G'sell erkennen
oder gar als Meister nennen,
der noch nirgends ist gewest,
nur gesessen in sei'm Nest?

Mancher hat auf seiner Reis'
ausgestanden Müh' und Schweiß
und Not und Pein, das muß so seon;
trägt's Felleisen auf dem Rücken,
trägt es über tausend Brücken,
bis er kommt nach Innsbruck ein,
wo man trinkt Tiroler Wein.

Morgens, wenn der Tag angeht
und die Sonn' am Himmel steht
so herrlich rot wie Milch und Blut:
Auf, ihr Brüder, laßt uns reisen,
unser'm Herrgott Dank erweisen
für die fröhlich' Wanderzeit,
hier und in die Ewigkeit!

Auf, du junger Wandersmann ist ein Volks- und Wanderlied aus dem 19. Jahrhundert, das auch heute noch eines der populärsten Wanderlieder hierzulande ist. Bereits in Franz Wilhelm Dittfurths Liedersammlung Fränkische Volkslieder mit ihren Singweisen war das Lied verzeichnet. Es ist zwar nicht belegt, wohl aber wahrscheinlich, dass Auf, du junger Wandersmann fränkischen Ursprungs ist. Durch die Wandervogelbewegung wurde das Lied dann in ganz Deutschland bekannt.

Im Jahr 1923 erschien Auf, du junger Wandersmann im Finkensteiner Liederbuch, das seinerzeit von Walther Hensel herausgegeben wurde. Anlässlich dieser Veröffentlichung nahm der Herausgeber Hensel einige Änderungen und Modernisierungen am Lied vor und gestaltete so die heute bekannte und beliebte Fassung. Die ursprüngliche Fassung aus dem 19. Jahrhundert ist inzwischen vergessen, wenngleich auch Hensel das Lied mit Fränkisches Volkslied überschrieb. Heutzutage wird nur noch Walther Hensels überarbeitete Version gesungen und weitergegeben.

Beliebt ist Auf, du junger Wandersmann auch heute noch. Denn so wie in früheren Jahrhunderten die Jugend hinaus in die Welt zog, um ein Handwerk zu lernen, »auf Wanderschaft gingen«, so zieht es die Jugend auch heute noch in die Ferne, um neue Menschen und andere Kulturen kennenzulernen. Immer frei nach dem Motto: »Die Welt ist schön! Lasst sie uns schauen gehen..!«

Wanderzeit, das ist die Zeit der Jugend; damals wie heute. Denn ist man erst einmal Erwachsen, steht man im Berufsleben und hat keine Zeit mehr, die Welt zu bereisen, auch wenn man als Kind und Jugendlicher große Träume und viele Ziele hat. Die meisten davon werden irgendwann vergessen oder einfach unerreichbar. Tirol und Innsbruck, die im Lied erwähnt werden, sind ja noch recht nahe Ziele. Doch, dahinter fängt die große Welt erst an.

Im Lied ist die Rede von »tausend Brücken«, die an die sehnsuchtsvolle Hymne der DDR-Kultband Karat erinnert: »Über sieben Brücken musst du gehn, sieben dunkle Jahre überstehn...«. Damals galt diese Sehnsucht mehr der Entledigung der DDR-Fesseln. Doch die Sehnsucht ist geblieben. Denn es gibt so vieles zu sehen und zu entdecken auf diesem Planeten. Darum: Auf, du junger Wandersmann.

Tom Borg, 6. Mai 2023

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