Winter, ade!

Winter, ade! Scheiden tut dichtete Hoffmann von Fallersleben. Gesungen wird das Lied auf eine Melodie des 18. Jahrhunderts.

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Musiknoten zum Lied - Winter, ade!

Winter, ade!
Scheiden tut weh.
Aber dein Scheiden macht,
dass mir das Herze lacht.
Winter, ade!
Scheiden tut weh.

Winter, ade!
Scheiden tut weh.
Gerne vergess' ich dein;
kannst immer ferne sein.
Winter, ade!
Scheiden tut weh.

Winter, ade!
Scheiden tut weh.
Gehst du nicht bald nach Haus,
lacht dich der Kuckuck aus.
Winter, ade!
Scheiden tut weh.

Das Lied Winter, ade! erzählt die ewige Geschichte vom Wandel der Zeit: das Alte geht, das Neue kommt – und beides erfüllt uns mit Freude und immer auch ein wenig mit Wehmut und Trauer. Denn das Loslassen fällt uns Menschen schwer.

Geschrieben hat das Gedicht der Germanist August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874), dem wir so manches schöne Lied verdanken, auf eine Melodie des 18. Jahrhunderts, nach der eigentlich ein Liebeslied mit dem Titel »Liebchen ade! Scheiden tut weh!« gesungen wurde. Der alte Text lautete:

Liebchen ade!
Scheiden tut weh!
Weil ich denn scheiden muss,
gib mir noch einen Kuss.
Liebchen ade!
Scheiden tut weh!

Liebchen ade!
Scheiden tut weh!
Wahre der Liebe dein,
stets will ich treu dir sein!
Liebchen ade!
Scheiden tut weh!

Liebchen ade!
Scheiden tut weh!
Wein nicht die Äuglein rot,
trennt uns ja selbst kein Tod.
Liebchen ade!
Scheiden tut weh!

Die Melodie stammt aus der Würzburger Gegend (Frankenland) und ist seit 1816 überliefert. 1827 veröffentlichte Friedrich Silcher eine vierstimmige Fassung des Liebeslieds in seinen Volkslieder für Männerstimmen.

1835 griff Hoffmann von Fallersleben das Lied auf und schuf daraus sein Winter, ade!, das aufgrund der bekannten Melodie recht schnell populär wurde. Bereits 1840 findest man es in Schulbücher und ein Jahr später steht es in Der Volkssänger.

Hoffmann, der routinierte Germanist und lebensfrohe Optimist, verknüpfte die Trauer des Abschieds mit der Freude über das Neue: »Winter, ade! Scheiden tut weh.« Der Winter, so kalt und rau er auch ist, war für die Bauern der damaligen Zeit eine Ruhepause, denn die Äcker wurden im Frühjahr bestellt, im Sommer gepflegt und im Herbst geerntet. Somit war der Winter die Zeit des Ruhens, der Erholung und auch des fröhlichen Feierns in der warmen Stube.

Doch nach den Wintermonaten freute man sich auch wieder auf das warme Frühjahr, das mit Sonnenschein die Natur neu erblühen lässt. Doch dazu muss der Winter gehen, damit das Frühjahr kommen kann. Und darüber freut sich Hoffmann und fügt an die beiden Abschiedszeilen quasi als Trost für den Verlust die freudige Erwartung an: »Aber dein Scheiden macht, dass mir das Herze lacht.«

In der zweiten Strophe geht Hoffmann noch weiter und schreibt: »Gerne vergess' ich dein; kannst immer ferne sein.« Diese Zeilen werden immer wieder gerne mit Hoffmanns politischer Aktivität in Verbindung gebracht indem eine Verbindung zum Vormärz, der Zeit des politischen Aufbruchs vor der Märzrevolution, hergestellt wird. Dazu trägt auch der Kuckuck der dritten Strophe bei. Denn der Kuckuck stand damals für das unterdrückte aber letztlich unbesiegte Bürgertum. Nach dieser Lesart stünde der Winter für die Karlsbader Beschlüsse, die Pressezensur und der Abschaffung der Meinungsfreiheit.

Doch bereits Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Winter, ade! in Kinderliederbücher aufgenommen und später auch Unterrichtsstoff in Schulen. Damit einher ging auch die naturwissenschaftliche Interpretation der dritten Strophe. Sie betrachtete den Kuckuck als Frühjahrsbote, der dem Winter signalisiert, dass seine Zeit vorbei ist, weil nun der Frühling anbricht. Und so verabschieden wir uns mit etwas Wehmut von Winter und Schnee und freuen uns auf das Erblühen der Natur im Frühling. Das Alte muss weichen, damit das Neue sich entfalten kann. Das ist der ewige Kreislauf der Natur.

Tom Borg, 29. November 2023

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