Volkslied

Musikalisches Naturprodukt

Das Volkslied hat, als musikalisches Naturprodukt, einen besonderen Wert seiner reinen reflexionslosen "Natur" wegen, durch die es im Gegensatz zu dem Kunstliede steht, das ein Produkt des Willens ist, während das Volkslied ungewollt, pflanzenhaft aus der unbewusst schaffenden, nicht musikalisch gebildeten Volksseele entspringt. Es ist aber wohl zu bedenken, dass nicht Alles Volkslied ist, was das Volk singt, dem sehr häufig beliebter Singstoff aus der Kunstmusik der gebildeten Gesellschaft, aus Opern, Singspielen, Possen und dergleichen zufließt, ebenso wie diese Sphäre auch wieder aus den Naturerzeugnissen des Volks Zuwachs erhält. Je mehr durch das immer allgemeiner werdende Musiktreiben dem Volke die Kunstmusik näher kommt, um so dürftiger fließt die Quelle seiner ursprünglichen naiven Selbstproduktion.

Das wirkliche Volkslied kann ohne Begleitung existieren , weil es ohne solche entsteht; die Harmonie ist darin naturgemäß so einfach, dass sie ungehört im Sinne liegt. Wo dies nicht der Fall ist, darf das Lied nicht als Volkslied geschätzt werden.

Das Lied, und speziell das Volkslied, enthält ein Stimmungsmotiv, das in einem Gedicht kurz und prägnant ausgesprochen und von der Musik dem Gefühlsgehalte nach in Gesang umgesetzt ist. Das Lied als musikalische Gefühlssprache ist also die engste lyrische Form in der Musik.

Formal kann das Volkslied kann aus nur einem einzigen kurzen Abschnitt bestehen, wie dieser in einem größeren Stücke nur eine Periode bilden würde und hier ein ganzes Stück ausmacht. Der innere Sinn und das Verhältnis des Teils zum Ganzen , wie auch der Abschluss ist dabei das Bestimmende.

In der Regel kennt ein Volkslied nur eine Melodie für alle Strophen. Ausnahmen bilden in der Regel nur Gedichte, die sich nicht an ein einheitliches Versmaß halten und vom Volk aufgegriffen wurden. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist "Geh aus mein Herz, und suche Freud". Ursprünglich gehörte die Melodie zu Ludwig Höltys Gedicht "Die Luft ist blau, das Tal ist grün" das ein nicht symmetrisches Versmaß besitzt. Erst Friedrich Eickhoff (1807–1886) brachte die Melodie mit Paul Gerhardts Text zusammen, indem er die Wiederholung der vierten Melodiezeile einfügte.

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