Volkslied

Die Entstehung des französischen Volkslieds

Die älteste französische Liedform ist das lais, dessen wichtigste Kennzeichen das volkstümliche Element und die liedmäßige Gestaltung waren. "Lais" verkörperte den Begriff des Liedes in musikalischem ebenso wie in dichterischem Sinne und hatte einfachen rhythmischen Strophenbau.

Der Kunstgesang gestaltete das lais zur chanson, welche ebenfalls einen regelmäßigen Strophenbau aufwies, sich innerhalb desselben jedoch in freier Metrik bewegte und immer kunstvoller wurde. Die chanson verkörperte die wichtigste Kunstform der französischen höfischen Lyrik, ihren Inhalt bildete ausschließlich die Liebe. Mit der Zeit verzweigte sich die chanson zu mehreren Unterabteilungen. Es gab chant und chansonette, ebenso son oder sonet, letzteres ein Liebeslied, welches mit der späteren Kunstform des Sonetts noch keinerlei Zusammenhang hat. Wurde eine chanson nach einer beliebten Volksmelodie gesungen, so hieß sie couplet. Andere chansonartige Gesänge waren die albas (aubades) "Tagelieder", sie enthielten den Weckruf des Wächters, welcher den Liebenden den anbrechenden Morgen verkündete und sie zur Trennung ermahnte, ferner die planes oder Klagelieder, und die sehr beliebten pastourelles, Schäfer- oder Hirtenlieder. Letztere übertrugen die chanson ins Idyllische, und da sie bereits Rede und Gegenrede enthielten und eine bestimmte Situation malten, gestalteten sich Poesie und Musik schon bewegter, so dass die pastourelle als eine Art Vorläufer des künftigen Singspiels gelten kann.

Im Gegensatz zu der chanson, dem Liebeslied, standen der sirventes, eine Dichtung politischen, moralisch-religiösen oder satyrischen Inhalts, und die Tenzone, auch joc partiz (jeux partis, geteiltes Spiel), ein dialogartiges Streitlied, in welchem zwei entgegengesetzte Ansichten von zwei oder mehreren Dichtern abwechselnd vertreten wurden. Diese poetischen Turniere, ebenso wie die sirventes, welche vorwiegend tendenziös und geistreich sein wollten, legten auf die musikalische Interpretation kein Gewicht.

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