Kirchenlied

Kirchenlied grausig Lied?

Obwohl die Musik zu allen Zeiten eine große Rolle im Leben der Menschen spielte, hatten die meisten Gesänge der Frühzeit einen religiösen Hintergrund. Die kirchliche, geistliche Musik dominierte das Schaffen der Komponisten bis ins 17. Jahrhundert hinein. Und auch heute erscheinen täglich neue Lieder mit religiösem Hintergrund, die salopp etwas abwertend als "christliche Musik" bezeichnet werden. Denn seit langem haftet der geistlichen Musik das Image der zweitklassigen, weniger guten Musik an.

Diese Geringschätzung basiert teilweise auf der Tatsache, dass über viele Jahrhunderte weniger Wert auf die kunstvolle Ausgestaltung denn mehr auf den geistlichen Text, die Botschaft, meist Predigt und Lobpreis, gelegt wurde. So entstanden viele geistliche Gesänge, die schlichtweg zu den schlechten Liedern gezählt werden können und dem Ruf der Kirchenmusik schadeten. Viele fühlten sich berufen, geistliche Lieder zu dichten. Aber die Frömmigkeit alleine macht noch kein schönes Lied, wenn die handwerkliche Geschicklichkeit fehlt. Man kann zwar ein sehr gutes Herz, und auch Verstand und Wissenschaft, und doch einen üblen Geschmack besitzen. Man kann sich unnatürlich, unrichtig, abenteuerlich ausdrücken, wenn man von den heiligen Wahrheiten in der Sprache der Poesie reden will; und man kann es doch sehr gut meinen. Man kann ein exzellenter Redner sein, und sich trotzdem in den Fesseln der Dichtkunst verheddern, was leider vielen Gelegenheitsdichtern geistlicher Lieder wiederfuhr.

Dennoch gibt es auch gute geistliche Gesänge, die zu Recht bis heute überdauert haben und Eingang in unsere heutigen Gesangsbücher fanden. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie den Verstand nähren ohne ihm eine Meinung aufdrängen zu wollen. In diesen geistlichen Gesängen herrscht eine gewisse Stärke des Ausdrucks, der weder die Sprache des denkenden Verstandes ist, noch eine bilderreiche Ausmalung die unsere Einbildungskraft so sehr anregt, dass das Herz nichts empfindet. Luthers Übersetzung galt lange als kräftig, bisweilen feierlich und ehrwürdig und damit besonders erfolgreich um die Wahrheiten, Lehren, Verheißungen und Drohungen der Religion in das Gedächtnis der Singenden zurück zu rufen.

Das moderne Kirchenlied nähert sich wieder mehr der Alltagssprache an und versucht, von Alltagsthemen den Bogen zur christlichen Thematik zu ziehen. Einige dieser Lieder wurden regelrechte Hits; man denke an das bekannte "Danke (für diesen neuen Morgen)", das auf den ersten Blick so gar nichts mit einem Kirchenlied gemein hat.

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