Hört, ihr Herr'n, und lasst euch sagen

Der Text des Nachtwächterliedes Hört, ihr Herrn, und lasst euch sagen wurde mündlich überliefert. Die erste Hälfte der Melodie basiert auf einem Choral aus dem Jahre 1603. Ab dem 3/4-Takt wurde ein Volkslied von 1821 aufgegriffen.

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Musiknoten zum Lied - Hört, ihr Herr'n, und lasst euch sagen

Hört, ihr Herrn, und lasst euch sagen:
unsre Glock hat zehn geschlagen.
Zehn Gebote setzt Gott ein;
dss wir gehorsam sein!
Menschenwachen kann nichts nützen;
Gott muss wachen, Gott muss schützen.
Herr, durch deine Güt und Macht
gib uns eine gute Nacht!

Hört, ihr Herrn, und lasst euch sagen:
unsre Glock hat elf geschlagen!
Elf der Jünger bleiben treu,
einer trieb Verräterei.
Menschenwachen...

Hört, ihr Herrn, und lasst euch sagen:
unsre Glock hat zwölf geschlagen!
Zwölf, das ist das Ziel der Zeit.
Mensch, bedenk die Ewigkeit!
Menschenwachen...

Hört, ihr Herrn und lasst euch sagen:
unsre Glock hat eins geschlagen!
Ist nur ein Gott in der Welt,
ihm sei alles anheimgestellt.
Menschenwachen...

Hört, ihr Herrn und lasst euch sagen:
unsre Glock hat zwei geschlagen!
Zwei Weg hat der Mensch vor sich.
Herr, den rechten lehre mich!
Menschenwachen...

Hört, ihr Herrn und lasst euch sagen:
unsre Glock hat drei geschlagen!
Drei ist eins, was göttlich heißt:
Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Menschenwachen...

Hört, ihr Herrn und lasst euch sagen:
unsre Glock hat vier geschlagen!
Vierfach ist das Ackerfeld;
Mensch wie ist dein Herz bestellt?


Alle Sternlein müssen schwinden,
und der Tag wird sich einfinden.
Danket Gott, der uns die Nacht
hat so väterlich bewacht!

Das auch als »Nachtwächterlied« bekannte Lied Hört, ihr Herr'n, und lasst euch sagen besteht aus zwei Teilen. Jede Strophe beginnt mit einem Teil im 4/4 Takt und wechselt in der zweiten Hälfte zu ¾-Takt. Dies ist jedoch nicht nur eine Taktänderung, sondern die beiden Teile stammen aus unterschiedlichen Liedern, die hier zu jeweils einer Strophe zusammengefasst wurden, wobei die zweite Hälfte als Refrain dient, der jeder Strophe folgt, ausgenommen der letzten Strophe, die einen eigenen Refrain besitzt.

Text und Melodie der ersten Hälfte sind seit der Zeit um 1600 überliefert, sowohl als Kirchenlied wie »Ach, wenn kommt die Zeit heran« (1668 in Heilige Selenlust), als auch in evangelischen Liederbüchern beispielsweise als »Sanct Antoni« hochgepriesen. Aber auch als weltliches Lied ist uns die Melodie als Jetztund bricht die Nacht herein bekannt. Der Ursprung der zweiten Hälfte wird im Schwabenland vermutet.

Auch textlich sind die beiden Hälften stilistisch getrennt. In der ersten Hälfte ruft ein Nachtwächter, so wie es in früherer Zeit üblich war, zu jeder vollen Stunde die Zeit aus. Dies war Brauch in Städten seit es Uhren gab.

Doch der Nachtwächter sagt nicht nur einfach die Zeit an, sondern verbindet die Zahl der jeweiligen Stunde mit einem biblischen Zusammenhang.

10 – Zehn Gebote übergab Gott an Moses

11 – Elf treue Jünger blieben bei Jesus nach Judas' Verrat

12 – wird das »Ziel der Zeit genannt«

1 – soll uns sagen: es gibt nur einen Gott

2 – symbolisiert die »zwei Wege«, die der Mensch hat (siehe Mt 7,13-14)

3 – das sind Vater, Sohn und Heiliger Geist

4 – Die vier bezieht sich auf das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld

Mit Ausnahme der letzten Strophe zur Zahl »4« folgt auf jede Strophe ein Refrain, der uns daran erinnert, dass der Nachtwächter zwar seine Runden drehen und die Zeit ansagen kann. Doch »Menschenwachen kann nichts nützen; Gott muss wachen, Gott muss schützen«. Und darum heißt es nach der letzten Strophe: »Danket Gott, der uns die Nacht hat so väterlich bewacht!«

Tom Borg, 2. Oktober 2023

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