Es lebe hoch der Zimmermannsgeselle

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Musiknoten zum Lied - Es lebe hoch der Zimmermannsgeselle

Es lebe hoch, es lebe hoch
der Zimmermannsgeselle!
So hoch er baut, so hoch er baut,
daß oben auf man ihn kaum schaut;
es lebe hoch, es lebe hoch
Der Zimmermannsgeselle!

Wer ist wie er, wer ist wie er
ein kühner dreister Springer?
in | hoher Luft, in hoher Luft
hüpft er, trotz grausenvoller Kluft.
Niemand wie er, niemand wie er,
ist so ein kühner Springer.

Wer trinkt so hoch, wer trinkt so hoch
auf jedes Hauses Gipfel?
Er trinkt den Wein, er trinkt den Wein,
den er zur Weihe schenket ein.
Er trinkt so hoch, er trinkt so hoch
auf jedes Hauses Gipfel.

Wer baut das Haus, wer baut das Haus?
der Zimmermannsgeselle.
Er bauet Dach und bauet Fach,
und scheut dabey kein Ungemach.
Es baut das Haus, es baut das Haus
der Zimmermannsgeselle.

Wem dankt's der Mensch, wem dankt’s der Mensch,
daß er im Trocknen wohnet?
Uns danke er, uns danke er,
wir baun vor Wetter Schutz und Wehr,
uns danke er, uns danke er,
daß er im Trocknen wohnet!

Wo war vor dem, wo war vor dem
des Menschen arme Hütte?
Im Busch versteckt, mit Schilf bedeckt,
wo jedes Unthier ihn erschreckt;
da war vor dem, da war vor dem
des Menschen arme Hütte.

Nun wohnet er, nun wohnet er
in Schlössern und Pallästen.
Wir bauten sie, wir bauten sie
bey vielem Schweiß und vieler Müh’:
und nun wohnt er, nun wohnet er
in Schlössern und Pallästen.

Es leben hoch, es leben hoch,
die in Pallästen wohnen!
Doch schließen wir nach Standsgebühr
uns ein, und rufen nun allhier:
es leben hoch, es leben hoch
die die Palläste bauten!

Es lebe hoch der Zimmermannsgeselle erschien im Druck erstmals 1799 im »Mildheimisches Liederbuch von 518 lustigen und ernsthaften Gesängen über alle Dinge in der Welt und alle Umstände des menschlichen Lebens, die man besingen kann«, des Volksaufklärers Rudolph Zacharias Becker (1752–1822). Unter Nr. 464 im Kapitel »Für besondere Handwerke und Gewerbe« findet sich das Liedchen zusammen mit einigen anderen, die ebenfalls diverse Gewerbe und Stände besingen.

Eine wirklich große Verbreitung war dem Lied nicht beschieden, wenngleich es wohl seinerzeit durchaus bekannt war. Es wäre wohl auch längst in Vergessenheit geraten, wäre da nicht in einem Zusatzband eine Melodie präsentiert worden, die August Zarnack 1820 seinem Liebeslied O Tannenbaum, o Tannenbaum, wie treu sind deine Blätter unterlegte. Dies wiederum wurde die Vorlage für Ernst Anschütz, der daraus 1824 sein heute weltbekanntes O Tannenbaum kreierte.

Für Es lebe hoch der Zimmermannsgeselle bleibt da nur der Trostpreis für den Berichterstatter, der das damalige Ständewesen beleutet. Erzählt wird von dem Stolz der Zimmermannsgesellen, die hoch oben ihre Arbeit tun; die Häuser bauen, damit der Mensch »im Trocknen wohnet« und seine »arme Hütte« verlassen kann und nun wohnt in "Schlössern und Pallästen". Dass die Gesellen selbst weiter übers Land ziehen und nicht selbst in den Palästen leben, stört sie wenig, denn sie sind sich ihres eigenen Werts als Handwerker bewusst und stellen stolz fest: »wir bauten sie bey vielem Schweiß und vieler Müh’«.

Überprüfbare Angaben zur Herkunft von Text und Melodie fehlen. Ebenso offen bleibt die Frage, ob das Lied so wie von Becker im »Mildheimischen Liederbuch« präsentiert auch tatsächlich gesungen wurde. Lediglich im Liedanhang einer 1810 erschienenen Flugschrift mit dem Titel »Des Preiß-Löblichen und Kunstreichen Handwerks der Zimmerleuthe sehr schön abgefaßte Lob- und Ehren-Rede, welche pfleget gehalten zu werden auf den neu-aufgeschlagenen Gebäuden, wann sie den Straus aufstecken« findet sich als Gruß ein »Es lebe hoch, es lebe hoch, der Zimmermannsgeselle«.

Tom Borg, 10. Dezember 2016

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