Zu Bethlehem geboren

Weihnachtslied aus dem frühen 17. Jahrhundert

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Musiknoten zum Lied - Zu Bethlehem geboren

Zu Bethlehem geboren,
ist uns ein Kindelein,
das hab' ich auserkoren,
sein eigen will ich sein.
Eia, eia, sein eigen will ich sein.

In seine Lieb’ versenken
will ich mich ganz hinab;
mein Herz will ich ihm schenken
und alles, was ich hab’,
eia, eia, und alles, was ich hab’.

O Kindelein, von Herzen
will ich dich lieben sehr,
in Freuden und in Schmerzen
je länger und je mehr,
eia, eia, je länger und je mehr.

Die Gnade mir doch gebe,
bitt’ ich aus Herzensgrund,
daß ich allein dir lebe
jetzt und zu aller Stund’,
eia, eia, jetzt und zu aller Stund’.

Dich, wahren Gott, ich finde
in unser’m Fleisch und Blut;
darum ich mich dann binde
an dich, mein höchstes Gut,
eia, eia, an dich, mein höchstes Gut.

Laß mich von dir nicht scheiden,
knüpf’ zu, knüpf’ zu das Band
der Liebe zwischen beiden;
nimm hin mein Herz zum Pfand,
eia, eia, nimm hin mein Herz zum Pfand!

Zu Bethlehem geboren gehört zu den bekanntesten deutschsprachigen Weihnachtsliedern. Es wird von evangelischen wie auch katholischen Christen in der Weihnachtszeit gesungen.

Als erste Veröffentlichung gilt der Abdruck im »Geistlichen Psälterlein« aus dem Jahre 1637. Obwohl die Urheberschaft nicht sicher geklärt ist, legen Stil und Inhalt des Liedes nahe, dass der Jesuit Friedrich Spee (1591-1635) den Liedtext verfasste.

Die Melodie, die bereits vor 1637 für das kirchliche Weihnachtslied »Nun wiegen wir das Kindlein« verwendet wurde, stammt aus Frankreich, wo das Lied »Une petite feste« offenbar sehr populär war. Unter anderen erschien es in Pierre Cerveaus Sammlung »Airs mis en musique à quatre parties« (1599) und Pierre Bonnets »Airs et vilanelles mises en musique à 4 et 5 parties« (1600). Das pikante daran: »Une petite feste« war ein frivoles Chanson, ein »Schmuddelliedchen«. Von Spee ist bekannt, dass er, wie auch andere Autoren, solch bekannte Melodien verwendete um deren »Pestilentzisch Gifft« für das Seelenheil der Menschen, wie Friedrich Spee es ausgedrückt haben soll, zu bekämpfen. Indem die bekannten weltlichen Melodien mit geistlichen Texten verbunden wurden, sollten die Menschen daran gewöhnt werden, die anstößigen Inhalte zu vergessen und stattdessen wohlgefällige Texte zu singen.

In »Nun wiegen wir das Kindlein« finden sich auch textliche Parallelen zum Lied Zu Bethlehem geboren. So taucht in beiden das Wörtchen »eia« auf. Allerdings war »eia« zur damaligen Zeit für das Kindelwiegen durchaus üblich und wurde zu einer oft gebrauchten Floskel in Wiege- und Schlaflieder.

Anton Wilhelm von Zuccalmaglio übernahm die Melodie von Zu Bethlehem geboren mit geringfügigen Veränderungen für sein Wiegenlied Die Blümelein sie schlafen (1840).

Im 19. Jahrhundert wurde das zunächst primär in Kirchengesangbüchern gedruckte Zu Bethlehem geboren zu einem »geistlichen Volkslied« und wurde unter anderem von Friedrich Hommel für seine Sammlung »Geistliche Volkslieder aus alter und neuer Zeit« (Leipzig 1871) berücksichtigt und von Johann Heinrich Wichern in »Unsere Lieder« (Hamburg 1876) aufgenommen. 1855 erschien das Lied auch in einer zweistimmigen Bearbeitung in Franz Wilhelm von Ditfurths <»Fränkische Volkslieder«.

Im 20. Jahrhundert avancierte Zu Bethlehem geboren zu einem der beliebtesten Weihnachtslieder, das nicht nur im Gotteslob (GL 239) und im Evangelischen Gesangbuch (EG 32) zu finden ist, sondern auch außerhalb der Kirchenmusik von vielen namhaften Künstlern interpretiert wurde. In Gebrauchsliederbücher werden heutzutage aber meist nur noch 3 Strophen angeführt.

Liebesbekenntnis und Herzopfer

In einem späteren Druck bekam der Friedrich Spees Text die Überschrift »Hertzopffer«. Diese nimmt Bezug auf den dritten Vers der 2 Strophe wo es heißt: »mein Herz will ich ihm schenken« sowie »und alles was ich hab«. »ihm«, das ist das Kindelein, das in der Krippe liegt, das Jesuskind, das da ward geboren.

»euch ist ein Kind geboren« - so sagt es die Bibel (vgl. Lukas 2, 1) - und so glauben es seit 2000 Jahren Christen in aller Welt - und erst recht der Jesuit Friedrich Spee. Für ihn ist das Jesuskind der Heiland. Er betet es an - über 6 Strophen - so viele hat die Originalversion des Textes zu Bethlehem geboren. Das Lied ist ein glühendes Glaubensbekenntnis, ein Bekenntnis der Liebe zu Jesus, dem Kind das einst in der Krippe lag. Ihm zu Ehren gibt es Krippendarstellungen und Krippenspiele in den Kirchen zu Weihnachten.

Dem neugeborenen Jesuskind sind eine ganze Reihe von Weihnachtsliedern gewidmet, die als Krippenlieder bezeichnet werden. Dazu gehören Lieder wie Paul Gerhardts Ich steh an deiner Krippe hier, Uns ist geboren ein Kindelein oder mit gleicher Melodie Ein Kind geborn zu Bethlehem.

Ihnen allen ist gemein, dass sie das neugeborene Jesuskind besingen und ihm huldigen. Friedrich Spee will ihm das eigene Herz »zum Pfand« geben (Strophe. 6), den das Kindlein ist sein »höhstes Gut« (Strophe 5). Gemeint ist damit das Herz im Sinne der Liebe, er will Jesus seine ganze Liebe schenken und für ihn alleine leben »jetzt und zu aller Stund« (Strophe 4) sowie »in Freuden und in Schmerzen« (Strophe 3).

Der Lyriker Spee betrat damit Neuland, denn zu jener Zeit herrschten eher abstrakte kirchliche Bekenntnisse vor. Solch glühende Liebesbekundungen fanden sich mehr im Minnegesang und den daraus hervorgegangenen Liebesballaden. Doch diese volksnahe Sprache mag dem Lied zu einer schnelleren Verbreitung verholfen haben. Später folgten viele Textdichter Spees Vorbild und das Kirchenlied entwickelte sich - weg vom rituellen Singsang - hin zum lyrisch-geistlichen Lied, das im 19. Jahrhundert eine eigene Gattung als »geistlichen Volksliedes« bildete und damit den Bogen spannte hin zu der heute üblichen musikalischen Gleichstellung der christlichen und weltlichen Musik.

Tom Borg, 10. November 2016

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