Maria durch ein' Dornwald ging

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Musiknoten zum Lied - Maria durch ein' Dornwald ging

Maria durch ein' Dornwald ging.
Kyrieleison!
Maria durch ein' Dornwald ging,
der hatte in sieben Jahr'n kein Laub getragen!
Jesus und Maria.

Was trug Maria unterm Herzen?
Kyrieleison!
Ein kleines Kindlein ohne Schmerzen,
das trug Maria unter ihrem Herzen.
Jesus und Maria.

Da haben die Dornen Rosen getrag'n;
Kyrieleison!
Als das Kindlein durch den Wald getragen,
da haben die Dornen Rosen getragen!
Jesus und Maria.

Wie soll dem Kind sein Name sein?
Kyrieleison!
Der Name, der soll Christus sein,
das war von Anfang der Name sein!
Jesus und Maria.

Wer soll dem Kind sein Täufer sein?
Kyrieleison!
Das soll der Sankt Johannes sein,
der soll dem Kind sein Täufer sein!
Jesus und Maria.

Was kriegt das Kind zum Patengeld?
Kyrieleison!
Den Himmel und die ganze Welt,
das kriegt das Kind zum Patengeld!
Jesus und Maria.

Wer hat erlöst die Welt allein?
Kyrieleison.
Das hat getan das Christkindlein,
das hat erlöst die Welt allein!
Jesus und Maria.

Das Adventslied Maria durch ein Dornwald ging gehört zu den beliebtesten deutschen Advents- und Weihnachtsliedern; auch hier im Lieder-Archiv, gehört es zu den fünf am häufigsten aufgerufenen Adventsliedern. Dennoch steht es immer etwas im Schatten der anderen »großen« Weihnachtsgesänge. Warum eigentlich? Liegt es an der getragenen, langsamen Melodie? Zugegeben, mit den fröhlichen Liedern wie O du fröhliche, Alle Jahre wieder oder Morgen Kinder wird’s was geben und Fröhliche Weihnacht überall kann man es nicht in einen Topf werfen.

Maria durch ein Dornwald ging ist kein Kindergarten tauglicher Jubelgesang, den man fröhlich trällern kann. Vielmehr entfaltet das Lied seine Wucht gerade durch die getragene Melodie und die Botschaft seines Textes, der von der Bedeutung der Geburt Jesu erzählt und der märchenhaften Geschichte von der schwangeren Maria, die durch einen Wald geht, der komplett verdorrt ist und seit sieben Jahre kein Laub mehr getragen hat. Ein düsteres Bild: Dornengestrüpp wohin man auch schaut. Totes Holz und harte Dornen, die verletzen können. Und mitten in diesem toten Wald geht Maria, die Mutter Jesu, ganz ruhig durch das Gestrüpp der Dornen, ohne Furcht und ohne sich zu verletzen. Denn in dem Moment wo Maria den Wald betritt, wandelt sich der düstere, verdorrte Wald in ein blühendes Paradies.

Diese uralte Marien-Legende weist auf das neue Leben hin, das durch Jesus Christus in die Welt kommt wird. Er, das Kind, das Maria unter ihrem Herzen trägt, wird neues Leben in die Welt bringen. Er wird Schmerz und Tod überwinden, so wie der vermeintlich tote Wald sich in ein blühendes Paradies verwandelt. Darin steckt viel Symbolik, wie auch im Motiv der Rose. Diese Blume versinnbildlicht mit ihren Blüten Liebe und Freude, aber auch mit ihren Dornen Schmerz. Beides wartet auf Maria: Freude über die Geburt ihres Kindes und Trauer um das Kind, das einst am Kreuz sterben wird. Doch das weiß Maria noch nicht.

Vom Wallfahrtslied zum Adventslied

Das heute als Adventslied gesungene Lied Maria durch ein Dornwald ging war ursprünglich einWallfahrtslied, das im 19. Jahrhundert zunächst in der Gegend um das katholische Eichsfeld und im Bistum Paderborn mündlich verbreitet wurde. Mit der Aufnahme in Breuers Zupfgeigenhansel wurde es durch die Jugendbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts in ganz Deutschland bekannt. Doch während der NS-Zeit verschwand das Lied wieder aus den Liederbüchern und erlangte erst nach 1945 seine bis heute ungebrochene Popularität zurück. Allerdings werden meist nur die ersten drei Strophen gesungen.

Doch warum verbreitete ausgerechnet die Jugend diesen uralten katholischen Mythos? Ingeborg Weber-Kellermann vermutet in Das Buch der Weihnachtslieder dass es teilweise der anrührenden schwermütigen Melodieführung geschuldet ist, die sich von den »simplen Kinderliedchen der Vätergeneration« unterschied. Aber auch die Inhalte von der schwangeren Maria, die offen und ohne Tabus »die Jugend mehr berührten« als die alten Lieder.

Dennoch ist das schwermütige Lied keine leichte Kost, die man mit halbem Ohr konsumieren kann. Man muss sich auf das Lied einlassen, sich berühren lassen. Erst dann erschließt sich die Mystik, die uns noch heute bezaubern, ja inspirieren und motivieren kann. Das Bild vom toten Wald, der wieder erwacht und erblüht, lässt sich auch fernab von christlicher Symbolik verstehen. Denn die Christliche Botschaft ist klar: Gott lässt mitten im toten Wald neues Leben wachsen. Man sieht es noch nicht, doch es ist schon da. Der tote Dornwald kann zu neuem Leben erwachen. Die Botschaft für uns darin lautet: Auch wenn unser Leben heute trostlos ist und wir mit dem Schicksal hadern, so gibt es dennoch Hoffnung, dass es wieder besser wird. Egal, ob mit Gottvertrauen oder ohne: auch unser Leben kann wieder erblühen. Wir müssen nur daran glauben und frohen Mutes unseren Weg gehen, so schwer es uns fallen mag.

Im toten Wald können Blumen neu erblühen und auch unser Leben kann neue Kraft entfalten. Genau dies vermittelt das Adventslied Maria durch ein Dornwald ging. Die schwermütige Melodie spiegelt unser Leid, unsere Sorgen, wider. Doch der Text zeigt uns, dass wir nur furchtlos weitergehen müssen, damit auch unser Wald wieder erblühen kann. Diese Hoffnung vermittelt uns dieses Lied.

Tom Borg, 26. August 2023

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