Hab mein Wage vollgelade

Das flämische Volkslied Hab mein Wage vollgelade ist seit Mitte des 19. Jahrhnderts bekannt.

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Musiknoten zum Lied - Hab mein Wage vollgelade

Hab mein Wage vollgelade,
voll mit alten Weibsen.
Alös wir in die Stadt 'nein kamen,
hubn sie an zu keifen.
Drum lad ich all mein Lebetage
kein alte Weibsen auf mein Wage.
Hü, Schimmel, hü. hü, Schimmel, hü!

Hab mein Wage vollgelade,
voll mit Männern, alten.
Als wir in die Stadt 'nein kamen,
murrten sie und schalten.
Drum lad ich all mei Lebetage
nie alte Männer auf mei Wage.
Hü, Schimmel, hü!

Hab mein Wage vollgelade,
voll mit jungen Mädchen.
Als wir zu dem Tor 'nein kamen,
sangen sie durchs Städtchen.
Drum lad ich all mei Lebetage
nur junge Mädchen auf mein Wage.
Zieh, Schimmel, zieh!

Das flämische Volkslied Hab mein Wage vollgelade geht zurück auf die Zeit um das 17./18. Jahrhundert. Damals hieß es Ik heb een waagen vol geladen. Aufgezeichnet wurde es 1843 in der Gegend um Deutermonde, was zwischen Gent und Antwerpen liegt. Allerdings war das Lied schon früher bekannt. Es wurde vermutlich schon im 17. Jahrhundert gesungen. Erstmals veröffentlicht wurde es dann 1897 in Nederlands Volksliederenboek unter dem Titel Ik hebmijn wagen volgeladen. Ein Jahr später, 1898, wurde es von Christiane Rassow ins Deutsche übersetzt und dann in30 niederländische Volkslieder veröffentlicht. Die heutige Fassung findet sich seit 1909 in dem Zupfgeigenhansl, einem Liederbuch des Wandervogels und der Jugendbewegung. Und damit hatte das Lied Hab mein Wage vollgelade eine neue musikalische Heimat.

Es war die Zeit der aufkommenden Jugendbewegung, die damals mit den Wandervogel- und Singbewegungen das fröhliche Lied für sich vereinnahmte. Der Rhythmus ist wie geschaffen, um beim Wandern gesungen zu werden.

Mit Hans Breuers Zupfgeigenhansel gelang dem Lied der endgültige Durchbruch. Hab mein Wage vollgelade wurde in ganz Deutschland bekannt und auch beliebt.

Dabei ist der Text alles andere als freundlich. Aus heutiger Sicht wohl gar anstößig. Denn »alte Weibsen« die »keifen«, ist ein Frauenbild, das heute keiner mehr sehen möchte. Allerdings, auch die Männer bekommen in der zweiten Strophe eine entsprechende Beurteilung. Denn von den Männern heißt es als sie in die Stadt einfuhren: sie »murrten« und sie »schalten«, also meckerten und schimpften. Deshalb nimmt der Kutscher in der dritten Strophe junge Mädchen mit - und diese sangen als sie durch die Stadt fuhren.

Wer will es dem Kutscher verdenken, wenn er nur noch fröhlich singende junge Mädchen mitnimmt? Wer mit Bus oder Bahn unterwegs ist, muss heutzutage auch so manche Gesellschaft ertragen, auf die man gerne verzichten würde. Aber woher bekommt man fröhliche, junge Mädchen, die singend durch die Stadt ziehen…?

Tom Borg, 6. Mai 2023

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