Der Winter ist ein rechter Mann

Der Winter ist ein rechter Mann dichtete Matthias Claudius 1782. Die Musik komponierte Johann Friedrich Reichardt 1790/97 1849.

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Musiknoten zum Lied - Der Winter ist ein rechter Mann

Der Winter ist ein rechter Mann,
kernfest und auf die Dauer;
sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an
und scheut nicht süß noch sauer.

War je ein Mann gesund, ist er’s;
er krankt und kränkelt nimmer,
weiß nichts von Nachtschweiß noch Vapeurs
und schläft im kalten Zimmer.

Er zieht sein Hemd im Freien an,
und lässt’s vorher nicht wärmen;
und spottet über Fluss im Zahn
und Kolik in Gedärmen.

Aus Blumen und aus Vogelsang
weiß er sich nichts zu machen,
hasst warmen Drang und warmen Klang
und alle warmen Sachen.

Doch wenn die Füchse bellen sehr,
wenn’s Holz im Ofen knittert,
und um den Ofen Knecht und Herr
die Hände reibt und zittert;

wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht
und Teich’ und Seen krachen:
Das klingt ihm gut, das hasst er nicht,
dann will er sich tot lachen.

Sein Schloss von Eis liegt ganz hinaus
beim Nordpol an dem Strande;
doch hat er auch ein Sommerhaus
im lieben Schweizerlande.

Da ist er denn bald dort, bald hier,
gut’ Regiment zu führen.
Und wenn er durchzieht, stehen wir
und seh’n ihn an und frieren.

Das deutsche Volkslied Der Winter ist ein rechter Mann veröffentlichte Matthias Claudius 1783 unter dem Titel »Ein Lied, hinter dem Ofen zu singen«. Er knüpft damit an Winterlieder aus dem 16. Jahrhundert wie »Der Winter ist ein scharfer Gast« an. Claudius personifiziert den Winter und stellt ihn als einen Mann dar, der selbst kerngesund ist und allen Krankheiten trotzt: »er krankt und kränkelt nimmer«. Und als Bestätigung heißt es in der dritten Strophe: »Er zieht sein Hemd im Freien an, und lässt’s vorher nicht wärmen«.

Erstmals vertont wurde Der Winter ist ein rechter Mann 1784 durch Christoph Reineck (1748-1797) und in dessen Dritte Lieder-Sammlung mit Klavier-Melodien veröffentlicht. Doch der große Erfolg kam für das Lied erst 1797 als Johann Friedrich Reichardt (1752-1814) seine Vertonung in Lieder für gesellige Freude und zwei Jahre später auch im Mildheimer Liederbuch veröffentlichte. Es folgten diverse weitere Vertonungen unter anderem von Johann Adam Hill, Schubert, Franz Abt und Engelbert Humperdinck.

In verschiedenen Liederbüchern der Wandervogel- und Jugendbewegung des frühen 20. Jahrhunderts erschien das Lied mit einer anderen Melodie ungeklärter Herkunft, doch durchsetzen konnte sich auch diese Melodie nicht. Als Volkslied blieb es nur mit Reichardts Melodie bis heute beliebt und erhalten.

Bereits im 19. Jahrhundert wurde Der Winter ist ein rechter Mann gerne als Schullied gesungen und als humoristisches Winterlied war es noch bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts in Schulliederbüchern enthalten.

Als Kinderlied ist Der Winter ist ein rechter Mann bis heute beliebt, was sich in einer Vielzahl an Interpretationen und Videos auf YouTube zeigt. Neben Rolf Zuckowski, der mit seinen Kindern eine eigene Komposition zu Claudius‘ Gedicht liefert, gibt es auch viele Aufnahmen mit der volkstümlichen Melodie von Johann Friedrich Reichardt.

Tom Borg, 7. Oktober 2023

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