Alle Vögel sind schon da

Alle Vögel sind schon da ist eines der bekanntesten deutschen Frühlings- und Kinderlieder. Verfasst hat es 1835 der Dichter, Schriftsteller und Germanist August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798–1874), von dem auch das Deutschlandlied (Lied der Deutschen) stammt.

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Musiknoten zum Lied - Alle Vögel sind schon da

Alle Vögel sind schon da,
alle Vögel, alle!
Welch ein Singen, Musizieren,
Pfeifen, Zwitschern, Tirilieren!
Frühling will nun einmaschiern,
kommt mit Sang und Schalle.

Wie sie alle lustig sind,
link und froh sich regen!
Amsel, Drossel, Fink und Star
und die ganze Vogelschar
wünschen dir ein frohes Jahr,
lauter Heil und Segen.

Was sie uns verkünden nun,
nehmen wir zur Herzen:
alle wolln wir lustig sein,
lustig wie die Vögelein,
hier und dort, feldaus, feldein,
springen, tanzen scherzen.

Das 1835 von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben verfasste Gedicht Alle Vögel sind schon da zählt heute zu den bekanntesten deutschen Kinder- und Frühlingsliedern das die meisten Kinder bereits im Kindergarten kennenlernen und mit Begeisterung singen. Bereits 1837, lieferte der Komponist und Musikpädagoge Ernst Richter (1805-1876) eine erste Vertonung. Gemeinsam haben Hoffmann und Richter viele Lieder, zumeist Natur- und Kinderlieder, geschaffen, von denen viele noch heute gerne gesungen werden ohne dass uns gleich der Name Richter einfällt.

Richters ursprüngliche Melodie konnte sich aber nicht auf Dauer durchsetzen. Die heute gesungene Melodie stammt von einem unbekannten Komponisten und war im 18. Jahrhundert als Abschiedslied Nun so reis ich weg von hier bekannt. 1844 wurde Hoffmanns Gedicht erstmals im Liederbuch Unsere Lieder der von Johann Hinrich Wichern gegründeten Hamburger Sozialeinrichtung Das Rauhe Haus mit der neuen, aber altbekannten, Melodie veröffentlicht. Diese fröhliche und schwungvolle Melodie hat wohl viel zum Erfolg des Lieds beigetragen, denn sie ist leicht zu singen und begeistert vor allem auch Kinder. Und an diese richtete sich das Lied. Hoffmann selbst notierte in der 1843 in Leipzig erschienenen Ausgabe seiner Gedichte die Altersangabe: für Kinder von fünf, sechs und sieben Jahren. Dass die Melodie, die leicht und fröhlich daherkommt, bereits bekannt war, tat ein Übriges.

Heute ist Alle Vögel sind schon da nicht einfach nur eines von vielen Kinderliedern, sondern ist und war immer auch ein Stück Heimat, Kultur und ein Blick in die Natur. Dank der bekannten Melodie allemal auch eine lohnende Inspiration für Parodien aller Art. Aber auch Mahnung. So erschien in der Badische Zeitung vom 22. Mai 2007 zum Tag der Artenvielfalt eine Meldung über aussterbende Tierarten mit der Überschrift »Viele Vögel sind bald weg« was nicht nur den Titel Alle Vögel sind schon da umdreht, sondern auch die Intension von Hoffmanns Gedicht auf den Kopf stellt.

Singende Frühlingsboten

Hoffmann von Fallersleben liebte Kinder und auch die Natur und er schrieb viele Gedichte über die Natur für Kinder, um diesen die Natur nahe zu bringen. Ein typisches und prominentes Beispiel ist das Rätsellied Ein Männlein steht im Walde in dem Hoffmann die Hagebutte thematisiert, aber nicht benennt. Den Namen der Pflanze sollen die Kinder selbst anhand der Beschreibung herausfinden, woran gelegentlich auch Erwachsene scheitern.

Bei Alle Vögel sind schon da gibt es nichts zu rätseln. Das Lied thematisiert die Rückkehr der Singvögel, die dem kalten Winter entfliehen und im warmen Süden überwintern, bevor sie im Frühling in die Heimat zurückkehren. Damit sind die Wandervögel ein natürliches Signal, das uns sagen will: jetzt fängt der wärmende Frühling an. Die zurückkehrenden Wandervögel verkünden uns diese frohe Botschaft mit ihrem Gezwitscher. Auch wir Menschen sehnen uns nach einem langen und kalten Winter nach der Wärme und dem Erblühen der Natur im Frühling.

Somit ist »Alle Vögel sind schon da, alle Vögel, alle!« ein Jubelschrei und Hoffmann staunt mit überschwänglicher Ergriffenheit: »Welch ein Singen, Musizieren, Pfeifen, Zwitschern, Tirilieren!« Gleich fünf Begriffe bietet er auf zur Beschreibung seiner Empfindungen beim Eintreffen dieser Frühlingsbotschafter, die uns mit ihrem Gesang verkünden: »Frühling will nun einmaschiern«. Davon singen sie alle: »Amsel, Drossel, Fink und Star und die ganze Vogelschar«. Und das ist für Hoffmann von Fallersleben allemal Grund genug, selbst auszurufen: »alle wolln wir lustig sein, lustig wie die Vögelein«.

Dem Naturliebhaber Hoffmann von Fallersleben müsste man den Satz »Viele Vögel sind bald weg« nicht um die Ohren hauen. Während seiner Wanderjahre hat er die Natur in all ihrer Pracht und Schönheit erlebt und in vielen Gedichten beschrieben. Aber wir sollten heute ab und an innehalten und uns klar machen, dass all die vielen Singvögel, die im Frühjahr aus dem Süden zu uns zurückkehren und uns mit ihrem Gesang erfreuen, hier auch einen Lebensraum benötigen, wo sie leben und brüten können. Ansonsten ist irgendwann Schluss mit all dem »Singen, Musizieren, Pfeifen, Zwitschern, Tirilieren!«

Claudia Nicolai, 22. August 2023

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