Epiphanias

(Die heiligen drei König' mit ihrem Stern)

Das Gedicht Die heiligen drei König' mit ihrem Stern schrieb Johann Wolfgang von Goethe für den 6. Januar 1781 unter dem Titel Epiphanias. 1810 vertonte Carl Friedrich Zelter Goethes Zeilen.

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Musiknoten zum Lied - Epiphanias

Die heiligen drei Kön'ge mit ihrem Stern,
sie essen, sie trinken und bezahlen nicht gern;
sie essen gern, sie trinken gern,
sie essen, sie trinken und bezahlen nicht gern.

Die heiligen drei Könige, sie kommen allhier,
es sind ihrer drei und nicht ihrer vier,
und wenn zu drei'n der vierte wär,
so wär ein heiliger drei König mehr.

Ich erster bin der weiß und auch der schön,
bei Tage solltet ihr erst mich sehn!
Doch ach, mit allen Spezerein
werd ich mein Tag kein Mädchen mehr erfreun.

Ich aber bin der braun und bin der lang,
bekannt bei Weibern wohl und bei Gesang;
ich bringe Gott statt Spezerein,
da werd ich überall willkommen sein.

Ich endlich bin der schwarz und bin der klein
und mag auch wohl einmal recht lustig sein;
ich esse gern, ich trinke gern,
ich esse, trinke und bedanke mich gern.

Die heiligen drei Könige sind wohlgesinnt,
sie suchen die Mutter und das Kind;
der Joseph fromm sitzt auch dabei,
der Ochs und Esel liegen auf der Streu.

Wir bringen Myrrhen, wir bringen Gold,
dem Weihrauch sind die die Damen hold,
und haben wir Wein von gutem Gewächs,
so trinken wir drei so gut wie ihrer sechs.

Da wir nun hier schöne Herrn und Fraun,
aber keine Ochsen und Esel schaun,
so sind wir nicht am rechten Ort,
wir ziehen unsres Weges fort.

Goethes Scherzgedicht Epiphanias, geschrieben für den 6. Januar 1781, wurde mit der Melodie von Friedrich Zelter schon am 7. November 1810 in der Berliner Singakademie gesungen. Die Melodie ist im Stil dem damaligen Volksgesang, wie er bei den damals noch üblichen Umzügen der Heiligen drei Könige von der Jugend gehört wurde, nachgebildet. (Vergl. Deutscher Liederhort Band 3, S. 113). Bereits damals war die einst fromme Sitte der Sterndreher längst zur Bettelei verkommen. Man sang nur noch vor anderen Häusern, um irgendwelche milden Gaben zu erhaschen. Vielerorts war es auch üblich, dass die Sänger und Sängerinnen nach ihren Darbietungen bewirtet wurden. Daher die Textzeile »wir essen und trinken und zahlens nicht gern«. (Vrgl. Deutscher Liederhort Band 3, Nr. 1195, Strophe 21).

An der Sitte des Essens und Trinkens hat sich bis heute nicht viel geändert. In den Gegenden in denen das Brauchtum der Sternsinger noch gepflegt wird, gibt es auch heute noch nach dem Singen für die Jüngeren Naschereien und für die Erwachsenen Glühwein und ein paar Häppchen zur Stärkung auf den Weg.

Goethes wohltemperierter Humor und die feinen Nadelstiche gegen die Unsitte des singenden Bettelns lassen uns auch heute noch schmunzeln. Die religiösen Gedanken fallen derweil unter den Tisch und werden durch Lächeln und Frohsinn ersetzt. Denn wer hat gesagt, dass Weihnachten immer tierisch ernst sein muss?

Das Lied Epiphanias karikiert die teils auch damals schon als leicht kitschig empfundene verherrlichende Nacherzählung der biblischen Weihnachtsgeschichte in den diversen Hirten- und Sternsinger-Liedern, mit denen zumeist Kinder als heilige drei Könige verkleidet durch die Straßen ziehen, an den Türen klopfen und den Sternsinger-Segen überbringen. Denn die Kinder singen natürlich kostenlos, aber es wird dennoch eine kleine Dankesgabe erwartet. Vor allem in kleineren Dörfern und überschaubaren Wohnvierteln bleibt es schon in Erinnerung, an welcher Tür es mehr als nur Dankesworte gab und wo man einfach abgewimmelt wurde.

Tom Borg, 27. September 2023

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