Die güldene Sonne bringt Leben und Wonne

Philipp von Zesens Text mit einer Melodie von Johann Rudolf Ahle, die aus dem religiösen Gedicht ein Morgenlied machte.

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Musiknoten zum Lied - Die güldene Sonne bringt Leben und Wonne

Die güldene Sonne
bringt Leben und Wonne,
die Finsternis weicht.
Der Morgen sich zeiget,
die Röte aufsteiget,
der Monde verbleicht.

Nun sollen wir loben
den Höchsten dort oben,
dass er uns die Nacht
hat wollen behüten
vor Schrecken und Wüten
der höllischen Macht.

Kommt, lasset uns singen,
die Stimmen erschwingen
zu danken dem Herrn.
Ei, bittet und flehet,
daß er uns beistehet
und weiche nicht fern.

Es sei ihm ergeben
mein Leben und Schweben,
mein Gehen und Stehn.
Er gebe mir Gaben
zu meinem Vorhaben,
lass richtig mich gehn.

Er wird mich ernähren
selbst allerlei lehren
und bleiben bei mir,
wird schärfen die Sinnen
zu meinem Beginnen
und öffnen die Tür.

Das Gedicht Die güldene Sonne bringt Leben und Wonne veröffentlichte der evangelische Kirchenlieddichter und Schriftsteller Philipp von Zesen (1619-1689) 1641 im Alter von 22 Jahren. Erst 30 Jahre später komponierte der evangelische Kirchenmusiker und Komponist Johann Georg Ahle (1651-1706) eine Melodie, die aus dem religiösen Gedicht ein Morgenlied machten, das bis heute im Evangelischen Gesangbuch enthalten ist.

Die hier vorgestellten fünf Strophen folgen Philip von Zesens Gedicht ›Morgenlied‹, das 1649 im Werk ›Hoch-deutscher Helikon, oder Grund-richtige Anleitung zur hoch-deutschen Dicht- und Reim-Kunst‹ gedruckt wurde.

In vielen Liederbüchern wird eine andere Fassung angegeben, bei denen die fünfte Strophe lautet:

In meinem Studieren
wird er mich wohl führen
und bleiben bei mir,
wird schärfen die Sinnen
zu meinem Beginnen
und öffnen die Tür.

Das Anliegen dieses kirchlichen Morgenlieds ist es, Gott für seine Güte und seine helfende Hand in unserem Leben zu loben, ihm zu danken und ihn um weitere Gaben zu bitten. Denn ohne die von Gott geschaffene Natur können wir Menschen nicht leben. Erst »die güldene Sonne bringt Leben und Wonne«. Sie macht, dass die Finsternis weicht, der Mond verbleicht und »die Röte aufsteigt«, wie von Zesen es poetisch in der ersten Strophe ausdrückt.p>

Wir sollen Gott danken, dass er uns in der Nacht behütet und uns vor »Schrecken und Wüten der höllischen Macht« schützt. Wir werden aufgefordert, zum Singen, Beten und Flehen, damit Gott uns auch weiterhin beisteht.

Aus diesen Worten spricht eine tiefe Gläubigkeit, die »Leben und Schweben, mein Gehen und Stehn« Gottes Willen unterordnet, ja, sich bewusst ist, dass es ohne Gottes Güte gar nicht möglich wäre, hier auf Erden als Mensch zu leben. Das Lied will uns erklären, dass wir bewusster Leben sollten und nicht sinnlos Werten nachjagen, die vor Gott keinen Bestand haben. Denn »die güldene Sonne bringt Leben und Wonne«. Gottes Schöpfung erst ermöglicht uns ein Leben in dieser Welt. Darauf sollten wir uns morgens für einen Moment besinnen, bevor wir durchstarten und durchs Leben hetzen. Jeden Tag aufs Neue, am besten indem wir dies wunderbare Lied singen: Die güldene Sonne bringt Leben und Wonne. Mit diesem Bewusstsein können wir getrost den Tag beginnen.

Tom Borg, 1. Oktober 2023

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