Das Jennerwein Lied

(Es war ein Schütz in seinen schönsten Jahren)

Dem bayerischen Volkslied Das Jennerwein Lied liegt eine wahre Begebenheit zugrunde. Jennerwein wurde am 6. November 1878 erschossen und in Westerndorf begraben. An seinem Grabkreuz ist eine Tafel mit der ersten Strophe des Jennerwein-Liedes befestigt.

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Musiknoten zum Lied - Das Jennerwein Lied

Es war ein Schütz in seinen schönsten Jahren,
der wurde weggeputzt von dieser Erd;
man fand ihn erst am neunten Tage
bei Tegernsee am Peißenberg.

Auf hartem Fels hat er sein Blut vergossen,
und auf dem Bauche liegend fand man ihn;
von hinten war er angeschossen,
zerschmettert war sein Unterkinn.

Du feiger Jäger, das ist eine Schande
und bringet dir gewiß kein Ehrenkreuz;
er fiel gar nicht im off'nen Kampfe,
der Schuß von hinten her beweist's.

Man brachte ihn ins Tal und auf den Wagen,
bei finstrer Nacht ging es sogleich noch fort,
begleitet von den Kameraden
nach Schliersee, seinem Lieblingsort.

Dort ruht er sanft im Grabe wie ein jeder
und wartet stille auf den jüngsten Tag.
Dann zeigt uns Jennerwein den Jäger,
der ihn von hint' erschossen hat.

Am jüngsten Tag da putzt ein jeder
ja sein Gewissen und sein Gewehr.
und dann marschiern viel Förster und auch Jäger
aufs hohe Gamsgebirg, zum Luzifer!

Zum Schlusse Dank noch den Veteranen,
die ihr den Trauermarsch so schön gespielt!
Ihr Jäger, lasst euch nur ermahnen,
dass keiner mehr von hinten zielt!

Denn auf den Bergen, ja, gilt die Freiheit,
ja auf den Bergen ist es gar so schön,
allwo auf grauenhafte Weise
der Jennerwein zugrund mußt gehn.

Der Titel Das Jennerwein Lied klingt ein wenig wie ein Volkslied auf ein beschauliches Tal oder einen stolzen Berg. Doch beides ist nur Beiwerk zu einer wahren Geschichte, die von einem modernen ›Alpen Robin Hood‹ handelt. Wie das englische Vorbild nahm es der Besungene nicht allzu genau mit den Buchstaben des Gesetzes. Doch anders als Robin Hood kämpfte Jennerwein nicht für seine Mitmenschen gegen eine ungerechte Obrigkeit, sondern frönte seiner Leidenschaft: der Jagd. Diese war damals wie auch heute ohne Jagdschein verboten. Und eben diesen Jagdschein hatte Georg Jennerwein nicht. Er war ein Wildschütz, wie man damals die Wilderer nannte.

Das Licht der Welt erblickte Georg Jennerwein, auch Girgl von Schliers genannt, am 21. April 1852 im Ortsteil Haid der oberbayerischen Stadt Holzkirchen. 25 Jahre später, am 6. November 1877, starb er auf dem Rinnerspitz, einem 1611 Meter hohen Gipfel in den Schlierseer Bergen, den die Einheimischen ›Peißenberg‹ nennen.

Von der Zeit zwischen diesen beiden Ereignissen gibt es nur wenig als Lebenslauf zu erzählen, zumindest nicht viel Gutes. Georg Jennerwein war, wie sein Vater auch, ein Wilderer. Das war damals genauso verboten, wie heutzutage. Doch Jennerwein störte sich nicht daran. Immer wieder ging er in die Berge und schoss, was ihm vor die Flinte kam. Jennerwein galt als Trunkenbold und Raufbold. Aber auch beim weiblichen Geschlecht ließ er nichts anbrennen. Und vielleicht war dies sein Todesurteil, denn es heißt, dass Jennerwein eine Frau geschwängert habe, in die auch sein früherer Freund Johann Josef Pföderl verliebt war. Am 6. November 1877 soll Pföderl Georg Jennerwein auf einer Waldlichtung am Peißenberg erschossen haben.

Erst am 14. November 1877 fanden königlich-bayrische Forstbeamte Jennerweins Leiche. Er wurde wie ein Mahnmal hinterlassen. Die rechte große Zehe steckte im Abzug seines Gewehrs und sein Unterkiefer war zerschmettert. Eine Kugel traf ihn auch in den Rücken. Sie war nicht tödlich, trug aber zum Jennerwein-Mythos, dem »hinterrücks erschossen«, bei. Pföderl, der immer wieder seine Unschuld beteuerte, wurde zu acht Monaten Haft verurteilt.

Was wirklich passiert ist, wurde nie abschließend geklärt. Und so entstand ein Mythos um den Wildschütz Georg Jennerwein dem durch das Das Jennerwein Lied ein musikalisches Denkmal gesetzt wurde. Der Mythos Jennerwein lebt bis heute weiter und wird von Fans und diversen Interessengruppen bis hin zu Touristenverbänden hochgehalten.

Tom Borg, 31. Mai 2023

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